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Bewaffnete Drohnen: Debatte in Deutschland, Dauereinsatz für die USA

Die Bundeswehr möchte noch in diesem Jahr über die Anschaffung von unbemannten Fluggeräten (UAV, Unmanned Aerial Vehicles/Drohnen) mit Bewaffnung entscheiden. Dazu hat das Bundesministerium der Verteidigung bei den Herstellern solcher Waffensysteme entsprechende Angebote angefordert. Diese Ankündigung hat seitens der Bundestagsfraktion der „Linken“, einiger Abgeordneter der Grünen und der SPD sowie von Vertretern der christlichen Kirchen heftige Kritik an diesen Waffensystemen ausgelöst.

Bis heute verwendet die Bundeswehr mehrere Varianten von unbemannten Fluggeräten zu Aufklärungszwecken. Zum Zwecke der Aufklärung im Einsatzgebiet in Afghanistan hat die Bundeswehr unbewaffnete Aufklärungsdrohnen des Typs „Heron“ vom israelischen Hersteller geleast, insbesondere zur Lagebeurteilung und zur Beobachtung von Kräftegruppierungen. In der Zukunft sollen bewaffnete Drohnen den Schutz von Bundeswehr-Einheiten im Einsatz erhöhen, heißt es unter anderem in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion, aus der das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zitiert. Bereits im vergangenen Jahr hat sich Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière für eine Anschaffung stark gemacht (K-ISOM meldete dies). Die Anschaffung bewaffneter Drohnen zielt auf den schnellen Schutz eigener Kräfte im Einsatzgebiet (‚armed overwatch‘), d.h. konkret: Konvoi- und Patrouillenbegleitung, Streckenerkundung und Unterstützung in Gefechtssituationen.

In der deutschen Debatte wird von Kritikern der Beschaffungspläne das Argument vorgebracht, dass der Einsatz bewaffneter Drohnen die Hemmschwelle des Waffeneinsatzes bzw. des Tötens herabsetzen würde. Die Hemmschwelle wäre deshalb niedriger, weil es zum einen einfacher und ungefährlicher – im Vergleich zu einem bemannten Kampfflugzeug – sei, die Bewaffnung einzusetzen. Zum anderen enthemme die Funktionsweise des Waffensystems das Töten, und zwar dadurch, dass ein in großer Entfernung sitzender ‚Pilot‘ lediglich auf einen Knopf drücken müsste, also keinen unmittelbaren Bezug mehr zum Einsatzgebiet habe. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer angeblichen „Joystick-Mentalität“ oder von den „Schreibtischtötern.

Diesem Eindruck widersprach der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Stéphane Beemelmans, in einem Interview Ende 2012 in der Fachzeitschrift „Wehrtechnik“. Er betonte zunächst, dass alle Waffensysteme – auch z.B. Panzerhaubitzen – von Menschen bedient werden, die ihren Gegnern „nicht mehr tatsächlich in die Augen“ sehen würden. „Eine Drohne macht nichts anderes, als ein Kampfflieger tun würde, und es ist immer ein Mensch, der entscheidet und die Verantwortung für sein Tun trägt“, so der Beemelmans weiter. Ausdrücklich hob der Staatssekretär hervor, dass in der deutschen Debatte fälschlicherweise die Problematik der gezielten Tötungen im Vordergrund stünde. Dieses „Targeted Killing“ mache die Bundeswehr nicht und zielt auch nicht darauf ab, es in der Zukunft tun zu wollen, bekräftigte er im Interview weiter.

Die US-Streitkräfte und der Auslandsgeheimdienst CIA nutzen Drohnen seit Jahren. Alleine seit dem Amtsantritt Obamas haben die USA nach Information der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ mehr als 300 Drohnen-Angriffe alleine in Pakistan geflogen. Dabei seien mehr als 2.500 Personen getötet worden.

Neben den vermuteten Kollateralschäden stellt sich die Rechtslage als ein Problem dar. Gemäß dem Völkerrecht stellt diese Art von Angriffen durch bewaffnete Flugkörper eine Verletzung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit eines Staates dar. Dieser Sichtweise widersprach allerdings ein Referent des deutschen Verteidigungsministeriums in einem Beitrag für die FAZ vom 1. November 2012. Seiner persönlichen Ansicht nach ist der Einsatz von Gewalt zwar verboten, wenn sie sich gegen die Unabhängigkeit oder territoriale Unversehrtheit eines Staates richtet. Allerdings zielten Drohnen nicht auf Gebietsgewinne und werden oftmals in Regionen eingesetzt, wo Staaten keine effektive Gebietshoheit mehr ausüben würden, so der Referent weiter. Dies ist zum Beispiel in den Stammesgebieten Pakistans oder in weiten Teilen des Jemens er Fall, wo die USA regelmäßig Drohnen-Angriffe fliegen (Statistiken zu Pakistan und zum Jemen sowie eine Karte der Angriffe in Pakistan). Über diese Angriffe auf bestimmte Zielpersonen aus dem islamistischen Umfeld bzw. von Al Kaida und seinen Ablegern und Unterstützern, deren Namen sich auf einer ‚Kill List‘ befinden sollen, entscheidet der US-Präsident alleine. Aufgrund der Häufigkeit von gezielten Tötungen bezeichnet die Wochenzeitung „Die Zeit“ Kampfdrohnen als „die Lieblingswaffe des Friedensnobelpreisträgers Obama.“

Drohnen und Spezialeinsatzkräfte der USA sind die zentralen Instrumente der unkonventionellen Kriegsführung gegen den internationalen Dschihadismus. Seit 2002 setzen die US-Luftwaffe und die CIA Drohnen ein, um die militärischen und politischen Führer der Islamisten – die die USA als legitime Kriegsziele betrachten – mit präzisen Luftschlägen auszuschalten. In einem geheimen Memorandum hat die US-Regierung bereits im Jahre 2010 die rechtlichen Voraussetzungen für das „Targeted Killing“ festgelegt. Bei einem Angriff 2011 wurde der Hassprediger al Aulaqi und der 25-jährige US-Bürger Samir Khan bei einem Drohnenangriff im Jemen getötet (englischsprachiger Videobericht der Washington Post). In dem Dokument der US-Regierung soll übereinstimmenden Medienberichten zufolge festgehalten worden sein, dass die gezielte Tötung al Aulaqis nur dann rechtlich zulässig sei, wenn eine Festnahme nicht möglich oder die Festnahme für Spezialeinsatzkräfte zu gefährlich sei.

Die unbemannten Fluggeräte in der Luft und die auf dem Boden operierenden Spezialeinsatzkräfte werden deshalb als Speerspitze im Kampf gegen die Islamisten eingesetzt, weil sie über ein ähnliches – bei vielen Unterschieden – militärstrategisches und militärtaktisches Fähigkeitsprofil verfügen, denn sowohl Drohnen als auch Spezialkräfte

  • verfügen über eine schnelle Reaktionszeit,
  • dienen der Spezialaufklärung und auch der Langzeitüberwachung,
  • lassen sich relativ kosteneffektiv einsetzen,
  • sind für eine schnelle und lautlose Schwerpunktbildung einsetzbar,
  • sind in der Lage, konventionelle Truppen in Gefechtssituationen zu unterstützen,
  • können in Einsatzgebieten bzw. in Staaten operieren, mit denen sich die USA nicht im Krieg befinden und
  • können verdeckt operieren (sogenannte ‚low visibility capabilites‘, in etwa: Fähigkeit zur geringen Sichtbarkeit), Angriffsziele identifizieren und in der Regel ohne verräterische Spuren zu hinterlassen eliminieren.

Gerade die letzten beiden Vorteile erlauben es der militärischen und politischen Führung eines Staates, Einsätze von Drohnen und von Spezialeinsatzkräften vor dem Parlament und einer breiten Öffentlichkeit nicht kommentieren zu müssen bzw. gänzlich geheim zu halten.

 

Weiterführende Links:

Hier eine ausführliche Dokumentation des ZDF über Drohnen und Kriegsführung.

Offizielles Video der US Air Force, das werbewirksam die Einsatzszenarien von Drohnen im Zusammenspiel mit Kräften auf dem Boden zeigt.

Zeitungsbericht über das Für und Wider in den deutschen Parteien vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion.

Video und Bericht über Testflug des „Euro Hawk“.

Hintergrundberichte von „Spiegel“ und „Die Zeit“.