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Kriegssaison im Mittleren Osten: Spezialeinsatzkräfte in Afghanistan

Die Aussichten auf eine Beilegung des Afghanistankonfliktes durch eine Einigung der Kabuler Zentralregierung mit den regierungsfeindlichen, islamisch-fundamentalistischen Taliban sind zurzeit als gering einzuschätzen. Größer ist die Aussicht darauf, dass es auch im nächsten Jahr eine weitere ‚Kampfsaison‘ geben wird. Als Kampfsaison wird die Zeit des afghanischen Sommers bezeichnet, in der die Taliban systematisch ihre militärischen und zivilen Ziele angreifen (s. auch hier).

Auf Bitten des afghanischen Präsidenten Karzai soll die pakistanische Regierung ihren Einfluss auf die Taliban geltend machen, um sie zu direkten Friedensverhandlungen mit der afghanischen Regierung zu bewegen. Vor dem Abzug der Truppen der Sowjetunion aus Afghanistan im Jahr 1989 verhandelte die Regierung der UdSSR ebenfalls mehrere Jahre mit den Mudschahedin.

Ein Kommandosoldat der 3. Kompanie des 6. Kandak zeigt eine Erinnerungsmünze, die er von Admiral Stavridis (SACEUR) während einer Vorführung am 8. September 2010 in Kabul erhalten hat. Bild: U.S. Air Force photo/Tech. Sgt. Gloria Wilson. Bildlizenz

Ein Kommandosoldat der 3. Kompanie des 6. Kandak zeigt eine Erinnerungsmünze, die er von Admiral Stavridis (SACEUR) während einer Vorführung am 8. September 2010 in Kabul erhalten hat. Bild: U.S. Air Force photo/Tech. Sgt. Gloria Wilson. Bildlizenz

Die Taliban haben gestern bei einem Angriff in Afghanistan 15 afghanische Polizisten in einem Hinterhalt getötet. Anfang der Woche entführten und töteten die Taliban 12 afghanische Zivilisten, darunter befanden sich auch Entwicklungshelfer. Anfang August wurden fünf Bundeswehr-Soldaten bei einem Sprengstoff-Anschlag mit anschließendem Beschuss verletzt.

Um nach dem Abzug des größten Teiles der ausländischen Kampftruppen nach 2014 die afghanischen Sicherheitskräfte zu unterstützten, werden aller Voraussicht nach Unterstützungs- und Eingreifkräfte westlicher Streitkräfte im Land verbleiben. Für eine Post-ISAF-Mission geht man im Allgemeinen von einem Minimum von 10-12.000 Soldaten aus. Die Bundesregierung hat für diese Mission bis zu 800 Soldaten in Aussicht gestellt (K-ISOM-Meldung hier). Ein vollständiger Abzug aller ausländischen Kräfte – die sogenannte Null-Option – ist allerdings auch noch möglich.

Die afghanischen Kräfte haben die Sicherheitsverantwortung über das ganze Land übernommen (NATO-Videobericht hier). Bei verschiedenen Operationen im August waren die afghanischen Spezialeinsatzkräfte und Kommando-Einheiten in der Lage, Aufständische zu töten und deren Anführer festzunehmen. Am 27. August tötete das 2. Kandak (Bataillon) der afghanischen Spezialeinsatzkräfte im Sarobi-Distrikt in Kabul vier Aufständische. Ein Anführer wurde am 24. August durch das 1. Kandak der Spezialeinsatzkräfte Afghanistans gefangengenommen. Bei der Operation im Khogyani-Distrikt wurden zwei weitere regierungsfeindliche Aufständische im Verlauf eines dreistündigen Feuergefechts getötet. Kommando-Soldaten vom 7. Kandak konnten bei einer Operation Mitte August in der Provinz Helmand einen Hinterhalt der Aufständischen erfolgreich zurückschlagen. Das 4. Kandak nahm am 16. August in der Provinz Herat sieben Aufständische fest, darunter einen hochrangigen Taliban-Anführer.

Trotz mancher Erfolge auf der taktischen Ebene stellt der Abzug der ausländischen Streitkräfte die afghanischen Kräfte bei der Jagd auf regierungsfeindliche Kräfte und deren Anführer vor große Herausforderungen. Insbesondere verfügen die Afghanen noch nicht über Kapazitäten beim Lufttransport- bzw. Luftnahunterstützung sowie im Bereich Aufklärung bzw. nachrichtendienstliche Erkenntnisgewinnung (s. dazu die Videoreportage über die afghanischen Spezialeinsatzkräfte).

Afghanische Kommandosoldaten des 3. Kandak nach dem Abtransport eines Verwundeten nach einer Säuberungsaktion am 6. Juli 2011 in der Provinz Kandahar. Bild: Combined Joint Special Operations Task Force – Afghanistan Media Operations Center; Sgt. Daniel P. Shook. Bildlizenz.

Afghanische Kommandosoldaten des 3. Kandak nach dem Abtransport eines Verwundeten nach einer Säuberungsaktion am 6. Juli 2011 in der Provinz Kandahar. Bild: Combined Joint Special Operations Task Force – Afghanistan Media Operations Center; Sgt. Daniel P. Shook. Bildlizenz

Die afghanischen Spezialeinsatzkräfte werden auch weiterhin durch Spezialeinheiten der NATO-Staaten und ihrer Verbündeten unterstützt. So operieren Einheiten der britischen Special Forces Support Group (SFSG) regelmäßig offensiv gegen die Taliban und ihrer Unterstützer. Die britischen Royal Marines bildeten afghanische Soldaten für Aufklärungsmissionen aus (mehr dazu hier). 18 australische Spezialkräfte und andere Angehörige der australischen Streitkräfte werden auch nach dem Ende der Kampfoperationen afghanische Soldaten ausbilden (mehr dazu hier). Nach Ansicht des australischen Verteidigungsministers, Stephen Smith, ist die langfristige Präsenz von ausländischen bzw. australischen Spezialkräften in Afghanistan über das Jahr 2014 hinaus von entscheidender Bedeutung, da sie ein Element „aktiver Abschreckung“ seien und so ein Wiedererstarken von terroristischen Netzwerken verhinderten, so der Minister.

 

Weiterführende Informationen:

  • Videoreportage der Washington Post über eine Einheit der afghanischen Kräfte im Einsatz
  • Audio-Interview (engl.) über die afghanischen Kräfte hier
  • Zeitungsreportage über Ausbildungszusammenarbeit der Spezialkräfte hier
  • Videoreportage über die Beratung der afghanischen Streitkräfte (Dialog ab 21:20min ist aussagekräftig) hier
  • Bilderstrecke über afghanisch-amerikanische Patrouille von Spezialeinsatzkräften in Afghanistan
  • Audio-Bericht (engl.) und Bilderstrecke über gemeinsame Arbeit der Spezialkräfte
  • Pentagon-Chanel-Videobericht über aktuelle und künftige Tätigkeit der Spezialkräfte in Afghanistan hier