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USASOC-Übung: „Jade Helm 2015“ zwischen Ausnahmezustand und normalem Großmanöver

In den USA läuft die USASOC-Übung „Jade Helm 15“ seit einer Woche. Mehr als jede andere Übung von US-Streitkräften in den Vereinigten Staaten selbst hat diese Übung im Vorfeld einige Kontroversen ausgelöst.

Spezialkriegsführung bei internationaler Krise
„Jade Helm“ ist eine Übung von Spezialeinsatzkräften und findet zwischen dem 15. Juli und dem 15. September in mehreren US-Bundesstaaten statt. Rund 1.200 Angehörige verschiedener US-Einheiten nehmen daran teil. Es handelt sich um die größte Übung der Spezialeinsatzkräfte des US-Heeres.
Das lange geplante Großmanöver des U.S. Army Special Operations Command (USASCOC) dient dem realistischen Handlungstraining für die Spezialkriegsführung im Ausland. Nach Angaben von USASOC bereiten sich die Einsatzkräfte damit auf keine spezifische Krise oder spezifische Einsatzräume vor.
Das Basisszenario der Übung besteht in der Reaktion der Kräfte auf eine internationale Krise. Zentrale Manöverelemente sind

  • das Erreichen der Einsatzräume und die Rückführung,
  • das Zusammenwirken von Heeres-Spezialeinheiten mit Spezialeinsatzkräften der anderen Teilstreitkräfte,
  • Operationen zur Rückführung von einzelnen Personen (Personal recovery),
  • Zusammenarbeit mit konventionellen Hauptstreitkräften,
  • Luftlandeoperationen,
  • Lufttransport bzw. Versorgung von Einheiten aus der Luft,
  • Arbeitsabläufe der verschiedenen Kommando- und Befehlsebenen und
  • Truppenbewegungen über längere Distanzen.

Damit die Spezialeinsatzkräfte ihre Einsatztaktiken, Techniken und die Abläufe möglichst realitätsnah trainieren und aufeinander abstimmen können, sind die Übungsabschnitte auf sieben Bundesstaaten und auf verschiedene Gebiete verteilt. Es handelt sich um sogenanntes RMT (Realistic Military Training). Trainiert wird dabei nicht nur auf Truppenübungsplätzen, sondern auch auf bundesstaatlichen, kommunalen und auf privaten Grundstücken. Das unbekannte, wenig bewohnte Terrain jenseits allbekannter Truppenübungsplätze, Militäreinrichtungen und der sonst üblichen schnellen Versorgung soll die Kräfte auf die Einsatzrealität im Ausland vorbereiten.
Die Übungsteilnehmer sollen sich im Wesentlichen verdeckt und möglichst unauffällig bewegen. USASOC geht davon aus, dass in diesen wenig bevölkerten Landstrichen die Anwohner Auffälliges und Verdächtiges sofort bemerken und melden würden.

Irritationen und irrationale Ängste in Texas sowie ein Kommentar von Chuck Norris
Die Übungen finden rund um die Uhr und in den US-Bundesstaaten Arizona, New Mexico, Utah, Colorado, Louisiana, Florida und Texas statt.
Hinterfragt und kritisiert wurde die Übung in erster Linie von Kritikern der Bundesregierung in Washington D.C. aus zwei Hauptgründen (s. Video). Einerseits ist die Presse von der Übung ausgeschlossen. Angesichts des Übungszweckes (unkonventionelle Kriegsführung, darunter auch Aufstandsbekämpfung), was theoretisch auch gegen die eigene Bevölkerung angewendet werden könnte, trug dies wesentlich zum Misstrauen vieler Bürger bei.

Andererseits verdächtigten Bürger die US-Bundesregierung, dass sie diese Übung als Einfallstor für die Errichtung des Ausnahmezustandes nutzt, z.B. um kritische Bürger als Dissidenten zu inhaftieren. Einige Bürger vermuteten, dass Texas und andere Bundesstaaten an der Grenze an Mexiko zurückgegeben werden könnten, es zu einem neuen Bürgerkrieg kommen könnte oder dass Walmart-Supermärkte in Gefangenenlager bzw. Konzentrationslager umgewandelt werden. In einem Kommentar betonte Chuck Norris, dass man das Verhalten der Bundesregierung in Washington und die Informationspolitik für das Großmanöver hinterfragen müsse. Norris weist die Vorwürfe der Überreaktion und der Verschwörungstheorien zurück.
Anlass für diese Verdächtigen waren die bekanntgewordenen Bestandteile des Übungsszenarios. Der Bundesstaat Texas war darin als „feindliches Gebiet“ markiert worden. Die zuständige Kommandobehörde und Verteidigungsminister Carter sehen sich veranlasst zu betonen, dass sie nicht vorhabe, in Texas eine Invasion durchzuführen.
Die innenpolitische Kritik von Bürgern von Medien sowie einige Vermutungen und Spekulationen in den USA an der Militärübung greift der Kreml-nahe Nachrichtensender „Russia Today“ auf.

Green Berets, SEALs, Marine Raiders
Die an „Jade Helm 15“ teilnehmenden Kräfte entstammen folgenden Einheiten bzw. Verbänden:

  • US Army Special Forces Command (Green Berets),
  • US Navy SEALS,
  • US Air Force Special Operations Command (AFSOC),
  • USMC Marine Special Operations Command (MARSOC),
  • USMC Marine Expeditionary Units (MEU; Hintergründe zu den konventionellen MEUs zeigen die Videos hier und hier)
  • 82nd Airborne Division.
Ein Teilnehmer einer Robin Sage-Übung im Jahr 2010. Bild: U.S. Army J. F. Kennedy Special Warfare Center and School. Bildlizenz

Ein Teilnehmer einer Robin Sage-Übung im Jahr 2010. Bild: U.S. Army J. F. Kennedy Special Warfare Center and School. Bildlizenz

Robin Sage-Feldübung und „Guerilla USA“
„Jade Helm“ erinnert an die Abschlussübung des Special Forces Qualification Course (SFQC), die seit 1974 stattfindenden „Robin Sage“-Übungen. Dabei müssen die Teilnehmer ebenfalls ihre erlernten Fähigkeiten der unkonventionellen Kriegsführung bei Spezialeinsätzen in einem feindlichen Umfeld – mit Rollenspielern – anwenden. Vor 1974 hieß die Abschlussübung für die unkonventionelle Kriegsführung u.a. „Guerilla USA“.
Das folgende Video zeigt ein Übungsszenario einer nicht näher datierten Robin Sage-Übung, bei dem ein abgeschossener Pilot im Gebiet von Guerillas, dargestellt von Rollenspielern, versorgt und evakuiert werden soll.

Eine Robin Sage-Abschlussübung verlief im Jahr 2002 tödlich, eben weil die es realitätsnah angelegt war. Ein lokaler Polizist erschoss einen Soldaten, verletzte einen anderen schwer. Zwei US-Special Forces-Kandidaten hielten den Sheriff für einen Teil des Rollenspieles und versuchten sich einer Kontrolle zu entziehen. Zurzeit findet die Robin Sage-Übung parallel zu „Jade Helm 15“ statt.

Angesichts des Umfangs der übenden Truppenteile bei „Jade Helm 15“, der Größe des sich über mehrere Bundesstaaten ziehenden Übungsgebietes und vor allem im Hinblick auf die vielen Ankündigungen von USASOC kann man davon ausgehen, dass die die meisten Befürchtungen und Spekulationen einiger Bürger vollkommen unbegründet sind. Realistisch ist lediglich mit der angekündigten Lärmbelästigung bei Tag und Nacht durch Fluggeräte und den Schusswaffengebrauch zu rechnen.

 

Robin Sage-Übung im September 2010. Diese Übung stellt den Abschluss des Special Forces Qualification Course (SFQC) dar. Bild: U.S. Army J. F. Kennedy Special Warfare Center and School Bildlizenz

Robin Sage-Übung im September 2010. Diese Übung stellt den Abschluss des Special Forces Qualification Course (SFQC) dar. Bild: U.S. Army J. F. Kennedy Special Warfare Center and School Bildlizenz

Weiterführende und ergänzende Links:

  • Webseite von Bürgern, die die Übung beobachten wollen hier
  • Zeitungsbericht über den Einsatz der Texas State Guard, um die US-Spezialeinsatzkräfte bei Jade Helm zu beobachten
    [ej]