Nach den koordinierten Terroranschlägen auf Journalisten, Polizisten und Bürger jüdischen Glaubens in Frankreich durch dschihadistische Attentäter Anfang Januar, wurden in Belgien und in deutschen Städten mehrere radikalislamische Verdächtigte festgenommen.
CGSU-Einsatz in Belgien: Tote bei Zugriff
Ein Anti-Terror-Einsatz von Spezialeinsatzkräften der belgischen Polizei am Donnerstagabend hat nach ersten Erkenntnissen der belgischen Staatsanwaltschaft einen unmittelbar bevorstehenden Anschlag einer radikalislamistischen Terrorzelle verhindert. Anschlagsziele sollen Polizeistationen und Polizisten selbst gewesen sein.
Bei Hausdurchsuchungen von 10 Objekten und der Festnahme von 13 Verdächtigen in Verviers und in Brüssel fanden die Ermittler neben Polizeiuniformen ebenfalls Schusswaffen des Typs AK-47, Geldmengen und Sprechfunkgeräte, wie die deutschsprachige Zeitung Belgiens berichtet. Mehrere der Verdächtigen sollen bereits im syrischen Bürgerkrieg auf Seiten der Islamisten gekämpft haben.
Beim Zugriff auf zwei Islamisten im belgischen Verviers sind zwei mutmaßliche Terroristen von Spezialeinsatzkräften der Polizei bei einem heftigen Schusswechsel getötet worden. Das nachfolgende Augenzeugenvideo vermittelt einige Eindrücke des Einsatzes der Spezialeinheit.
Wie die Polizei berichtet, hätten die mutmaßlichen Dschihadisten mit ihren Sturmgewehren sofort das Feuer auf die Polizisten eröffnet. Der Einsatz sei nach rund einer Viertelstunde vorbei gewesen. Eine Bilderstrecke über den Einsatz am Donnerstagabend findet sich hier.
Bei der in Verviers eingesetzen Spezialeinheit handelte es sich nach Medienberichten um Kräfte der CGSU. Bis zu einer Polizeireform im Jahr 2007 kannte man die Spezialeinheit der belgischen Bundespolizei unter der Bezeichnung DSU (direction des unités spéciales/Direktion der Spezialeinheiten). Die Direktion bestand damals aus über 400 Angehörigen.
2012 bestand die CGSU – Commissariat général Special Units – aus 450 Polizeibeamten und über 60 zivilen Angestellten. Zu den spezialisierten Einheiten gehören neben Interventionseinheiten, die bei Zugriffen, Geissellagen etc. zum Einsatz kommen, auch Observationseinheiten, verdeckte Ermittler und K-9-Einheiten.
Im Jahre 1972, nach der gescheiterten Geiselbefreiung israelischer Sportler bei den Olympischen Spielen in München, baute Belgien eine Anti-Terror-Einheit auf. Sie bestand zu Beginn aus 120 Polizisten in der sogenanntenn Brigade/Gruppe „Diane“, benannt nach der römischen Göttin der Jagd.
Belgische Para-Commandos im Einsatz
Ähnlich wie bereits in Frankreich nach den Morden zieht die belgische Regierung seine Streitkräfte zur Sicherung von neuralgischen Punkten in seinen Großstädten hinzu. Bis zu 3.000 Soldaten sollen von Samstag an, in Brüssel und Antwerpen die lokalen Polizeibehörden unterstützen, berichtet Spiegel Online.
Zu den Einheiten gehören auch belgische Spezialeinsatzkräfte, die Para-Commandos. Angehörige des 3. Bataillons der Para-Commandos werden bereits heute in Antwerpen eingesetzt, wie dieser Zeitungsbericht mit Video zeigt, um die jüdische Bevölkerung zu schützen. Im nachfolgenden Video (niederl. Sprache) gibt es einige Eindrücke von der Einheit.
Bei einer Übung der Para-Commandos in Kanada wurden folgende Videoeindrücke von der Einheit aufgenommen:
Bei einer Übung 2012 stürmten Para-Commandos nach der Anlandung mit dem Hubschrauber ein Zielobjekt:
Belgien nimmt seit dem Spätsommer 2014 mit Einheiten der Luftwaffe und Spezialkräften an der Anti-IS-Koalition im Irak teil. Dieses Video zeigt die F-16-Kampfflugzeuge Belgiens.
Festnahmen in deutscher Islamistenszene
Am Freitagmorgen nahm die Polizei in Berlin zwei radikale Islamisten aus dem salafistischen Spektrum fest, die bereits mit Haftbefehl gesucht wurden. Der Tatvorwurf lautet auf Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Syrien und Verdacht auf Geldwäsche.
Bereits am Donnerstag zuvor kam es zu einer Festnahme eines Dschihad-Rückkehrers in Wolfsburg und zu Durchsuchungen von Salafisten-Wohnungen Pforzheim. Gegen den in Wolfsburg Festgenommenen wird wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt, wie der Generalbundesanwalt in einer Pressemitteilung verlauten ließ.
Am 10. Januar haben Beamte eines SEK aus NRW den 24-jährigen Deutschen Nils D. in Dinslaken festgenommen. Der Generalbundesanwalt wirft ihm vor, sich der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat in Irak und Großsyrien“ angeschlossen zu haben. Dinslaken gilt als eine der Hochburgen der nordrhein-westfälischen bzw. deutschen Salafisten-Szene.
Bei der Razzia in Berlin, bei der 11 Objekte durchsucht wurden, waren 250 Beamte der Berliner Polizei im Einsatz, darunter drei Spezialeinsatzkommandos. Eine Fotostrecke mit Bildern von Polizei-Beamten beim Einsatz findet sich hier.
Die Gründung eines Spezialeinsatzkommandos in Berlin beschloss man 1972. Durschnittlich ist das SEK nach offiziellen Angaben 500 Mal im Einsatz. Ein Interview mit einem Berliner SEK-Beamten gibt einige Einblicke in deren Arbeit und vor allem in die Anforderungen an die Bewerber. Hier ein Video von einem Zugriff auf einen mit einem Messer bewaffneten Geiselnehmer vor einigen Jahren in Berlin. Das folgende, leider etwas verwackelte Video zeigt das SEK kurz vor einem Zugriff in einem Berliner Mehrparteienhaus im Jahr 2014.
Hohe Bedrohungslage in Großbritannien und in den USA
Kurz nach den Attentaten von Paris sagte der Leiter des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5, Andrew Parker, dass es auch für Großbritannien eine hohe Gefährdungslage durch islamistischen Terror gebe, der in naher Zukunft nicht geringer würde. Ein großer Anschlag sei zu erwarten, so Parker nach einem Bericht der „NZZ“.
In den USA nahm das FBI vor wenigen Tagen einen 20-Jährigen fest, der eigenmächtig einen Anschlag auf das Parlamentsgebäude in Washington D.C. geplant haben soll. Der Sympathisant der Terrororganisation „Islamischer Staat“ sei beim Kauf von Feuerwaffen verhaftet worden. Damit wollte er vermutlich auf Mitarbeiter des Kongresses feuern, wenn diese nach einigen Rohrbombenattentaten das Gebäude verlassen hätten, berichtet CNN.
Über Festnahmen in der Islamisten-Szene in der jüngsten Vergangenheit berichtete K-ISOM hier, hier, hier und hier. Hintergründe zur radikalislamistischen Ideologie und typischen Mustern der eigenständigen bzw. gesteuerten Radikalisierung beleuchtete K-ISOM in den Ausgaben Nr. 6/2013, Nr. 1/2014 und 2/2014.
Weiterführende und ergänzende Links:
• Ein Propaganda-Video des IS zeigt vermutlich die Tötung zweier russischer Männer, denen Spionage für Russland vorgeworfen wurde, durch ein Kind. Den Zeitungsbericht und Ausschnitte des Videos finden sich hier.
• Ein interessantes, in seiner Offenheit unmissverständliches Interview mit einem deutschen IS-Anhänger im eroberten Mossul (Irak) ist hier zu sehen.
[ej]