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Israels mögliche Operationspläne gegen Iran: strategische Bombardierung oder „Entebbe-Option“?

Die USA und Israel erwägen die Möglichkeit eines gemeinsamen Luftangriffs auf die iranischen Nuklearanlagen. Diese Auffassung vertrat David Rothkopf, ein ehemaliger Mitarbeiter der Clinton-Regierung, in der Zeitschrift „Foreign Policy“ vom 8. Oktober. Seiner Einschätzung nach erwägen die beiden Staaten eine eher begrenzte Bombardierung der iranischen Nuklear-Infrastruktur, um die iranische Führung davon abzuschrecken, sein Nuklearprogramm weiter zu verfolgen. Ein solcher begrenzter Angriff könnte einen oder zwei Tage andauern und mit Kampfflugzeugen und bewaffneten Drohnen durchgeführt werden. Ziel des Angriffes wäre es, bei späteren Verhandlungen mit dem Iran substanzielle Fortschritte zu erzielen. Der Iran betont allerdings seit Jahren, sein Nuklearprogramm sei rein friedlicher Natur. Israel, die USA und andere westliche Staaten unterstellen dem Iran, dass es seine Anstrengungen auch auf die Entwicklung einer eigenen Atomwaffe ausrichten würde.

Alle bisherigen Spekulationen der letzen Jahre über die Wahrscheinlichkeit und die Möglichkeit eines israelischen Alleinganges gegen den Iran beruhten auf einem umfassenden, strategischen Bombardement der weit verstreuten und gut gesicherten iranischen Nuklearanlagen durch die israelische Luftwaffe an einem oder maximal zwei Tagen. Bisher waren sich die Experten darin einig, dass Israel bei einem solchen Szenario mindestens 100 seiner besten Kampfflugzeuge einsetzen müsste. Neben der genauen Zielauswahl wäre für die israelische Luftwaffe (Israeli Air Force, IAF) die Entfernung zu den Angriffszielen eine große Schwierigkeit. In der Vergangenheit hatte die IAF keine ausreichende Tankerflotte für die Luftbetankung. Es gibt allerdings Hinweise, dass Israel in den letzten Jahren alte, zivile Boeing 707 aufgekauft hat, um sie heimlich zu einer Tankerflotte umzurüsten. Selbst ein erfolgreicher Angriff Israels würde das iranische Atomprogramm jedoch nicht vollständig aufhalten können, sondern es nur um wenige Jahre verzögern.

Eine weitere Möglichkeit der israelischen Streitkräfte wäre nach Einschätzung von hochrangigen Mitarbeitern des Pentagons die sogenannte „Entebbe-Option“, d.h. ein hochriskanter Kommando-Raid israelischer Spezialeinheiten auf iranisches Territorium. Gemäß dieser Gedankenspiele würden rund 400 israelische Spezialkräfte in der Nähe der unterirdischen, gut gegen Luftschläge geschützten Nuklearanlage im iranischen Fordo infiltrieren, die Anlage mit seinen Uran-Zentrifugen erobern und das für eine Nuklearwaffe wichtige angereicherte Uran nach Israel abtransportieren sowie die Reste der Anlage zerstören. Nach Einschätzung eines nicht namentlich genannten US-Offiziers wäre diese Option für Israel „machbar“, allerdings wäre eine solche Operation aufgrund der in der Nähe befindlichen iranischen Truppen „sehr blutig“ für die israelischen Kommandos.

Die Bezeichnung „Entebbe-Option“ spielt an auf das waghalsige israelische Kommando-Unternehmen im ugandischen Entebbe im Jahre 1976. Damals entführten palästinensische und deutsche Terroristen eine französische Linienmaschine. Als die Geiselnehmer jüdische Passagiere selektierten und nicht-jüdische Geiseln freiließen, entschied sich die israelische Regierung für eine Befreiungsaktion und ließ Angehörige der Sayeret Matkal und Fallschirmjäger in einem für kaum für möglich gehaltenen Flug nach Entebbe transportieren (ein ausführlicher Bericht war in der „Kommando – ISOM“ Nr. 1/2010).