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SEK-Einsätze im Überblick: Suizidenten, Rauschgiftkriminalität und Jagd-Ende im Hühnerstall

Bei einer Großübung in Schleswig-Holstein haben sich Anfang Dezember verschiedene SEKs und die GSG9 (K-ISOM meldete dies) auf die realitätsnahe Bedrohungslage einer terroristisch motivierten Geisellage vorbereiten können. Die verschiedenen bekannt gewordenen Einsätze von polizeilichen Spezialeinsatzkräften aus den letzten Wochen zeigen jedoch eine andere alltägliche Seite des Einsatz- und Fähigkeitsspektrums der SEK-Kräfte auf.

Kräfte des SEK haben nach Angaben der Polizei Bielefeld einen wegen des Verdachts auf zweifachen Mordes gesuchten Tatverdächtigen, den die Polizei als gewaltbereit und möglicherweise bewaffnet eingeschätzt hat, am 15. Dezember in Bielefeld widerstandslos festgenommen.

Ohne Verletzungen beim Zugriff wurde ebenfalls am 11. Dezember letztlich in Hattingen (NRW) ein Flüchtiger durch SEK-Kräfte festgenommen. Der Mann hatte zuvor mehrere Personen eines Prüfungsausschusses der IHK in Bochum während seiner – vermutlich nicht bestandenden – Prüfung bedroht. Zwar floh der Mann danach, aber dennoch musste aus Sicherheitsgründen das Gebäude nach ihm abgesucht werden, da man nicht ausschließen konnte, dass er sich noch im Gebäude aufhielt. Aufgrund der Absperrungen kam es zu erheblichen Verkehrsbehinderungen in Bochum.

Zu weitaus größeren Verkehrsbehinderungen kam es im Rahmen eines Großeinsatzes der Polizei in Frankfurt/Main am 7. Dezember, allerdings war die Einsatzlage nicht eindeutig. Nach Angaben der Polizei Frankfurt sind nach einer Barabhebung von 45.000 Euro zwei serbische Geschäftsleute von einem bewaffneten Mann überfallen worden. Dieser sei allerdings ohne die Beute geflüchtet, verfolgt von einem der Geschäftsmänner. Nachdem eine Zeugin meldete, dass ein bewaffneter Mann in ein Büro- und Geschäftshaus lief, sperrte die Polizei das Gelände weiteräumig ab und durchsuchte das Gebäude. Ein hinzu gerufenes SEK kam letztlich jedoch nicht mehr zum Einsatz. Die Verwirrung bei den ermittelnden Einsatzkräften wurde dadurch vergrößert, dass vermutlich einer der angeblich geschädigten Geschäftsleute nun unauffindbar ist (Videobericht hier).

Eindeutiger war die Lage für die Spezialeinsatzkräfte, die eine verwirrte und vermutlich suizidgefährdete Frau überwältigen mussten. Am 4. Dezember bedrohte die verwirrte Frau auf dem U-Bahnhof Harras in München Passanten mit zwei Messern. Die herbeigeeilten Polizeibeamten wurden ebenfalls von ihr bedroht. Als die Frau auf dem mittlerweile abgesperrten Bahnsteig selbst mit Pfefferspray nicht überwältigt werden konnte, näherten sich ihr SEK-Beamte mit Metallschild, einem Stichschutz und Kettenhemden. Sie widersetzte sich der Festnahme nicht, niemand wurde verletzt.

Verletzt wurde ebenfalls niemand bei einem nächtlichen Großeinsatz der Polizei in Essen. Nach Angaben der Polizei in Essen drohte am 3. Dezember ein Mann nach einem Familien- bzw. Trennungsstreit damit, sich umzubringen. Er drohte den herbeigerufenen Einsatzkräften im Auto sitzend, dass er sich in Brand setzen würde. Mit ihm im Auto befand sich ein Benzinkanister. Während die Verhandlungsgruppe der Polizei mit dem Mann sprach, konnten SEK-Beamte den Mann in einem günstigen Augenblick überwältigen.

Verletzt wurde hingegen am 13. Dezember ein 22-Jähriger Bewohner eines Asylbewerberheims in Düsseldorf durch einen Polizeihund während eines Zugriffs. SEK-Kräfte überwältigten den jungen Mann, weil er vorher die Nachbarn, deren spielende Kinder seine Nachtruhe gestört haben sollen, mit einer Waffe bedroht hatte. Nach dem Zugriff fand man eine Softair-Pistole. Die Polizei musste jedoch von einer echten Waffe ausgehen.

Größer waren die Eigengefährdung bei einem Einsatz gegen die organisierte Kriminalität in Bottrop und auch der Geräuschpegel beim Zugriff auf frischer Tat. Kräfte des SEKs aus Bielefeld zündeten am 5. Dezember nachts einen Knallkörper, der die mutmaßlichen Rauschgifthändler ablenken sollte, die in drei verschiedenen Autos saßen. Im Vorfeld wurde monatelang ermittelt, auch der Zugriff wurde lange geplant. Nach Angaben der Polizei wurde die Verdächtigen durch den Zugriff völlig überrumpelt und leisteten keinen Widerstand.

Überrumpelt und überrascht waren am 30. November in Bergisch-Gladbach bei Köln zwei gesuchte Personen, die während einer „Computer-Party“ beim Zugriff der SEK-Kräfte festgenommen werden konnten. Allerdings sprang der Gesuchte zuerst beim Zugriff durch das Fenster der 2. Etage und brach sich den Fuß. Einen weiteren Verdächtigen konnten Polizeibeamte in einem nahen Hühnerstall festnehmen. Nach Polizeiangaben überdeckte dieser mit seinen Marihuana-Ausdünstungen sogar den Stallgeruch.

Eine Buch-Besprechung über die Erlebnisse eines SEK-Beamten findet sich hier.