Bei zwei verdeckten Operationen der US-Streitkräfte an verschiedenen Orten in Afrika sind am Samstag Spezialkräfte gegen hochrangige Zielpersonen der Dschihadisten vorgegangen. US-Außenminister Kerry sagte lediglich, dass „Angehörige des Militärs zwei Operationen durchgeführt haben, um jene zur Strecke zu bringen, die für Terrorhandlungen verantwortlich sind.“ US-Verteidigungsminister Hagel betonte die Botschaft, die von diesen Operationen an die Terroristen ausginge: man werde keine Mühen scheuen, diese Terroristen zur Verantwortung zu ziehen, „ganz gleich, wo sie sich verstecken oder wie lange sie sich der Gerechtigkeit entziehen“, so Hagel weiter in einer Presseerklärung.
In Libyen haben Spezialkräfte der „Delta Force“ – der Spezialkräfteeinheit des US-Heeres – in Zusammenarbeit mit der US-Bundespolizei FBI und dem Auslandsnachrichtendienst CIA am Samstagmorgen in der libyschen Hauptstadt Tripolis das Al-Qaida-Mitglied mit dem Kampfnamen Abu Anas al Libi verhaftet. Die Strafverfolgungsbehörden der USA suchten ihn im Zusammenhang mit den Anschlägen auf die US-Botschaften in Tansania und Kenia 1998. In Daressalam und Nairobi wurden damals 231 Personen getötet und fast 5.000 verletzt. Dem nun gefassten wirft man vor, die US-Botschaft in Nairobi ausgespäht zu haben. Die libysche Regierung wertet die verdeckte Operation als „Entführung“ und verlangte von der US-Regierung genauere Aufklärung über die Aktion. Nach Augenzeugenberichten blockierten drei Fahrzeuge das Auto von Libi, Männer schlugen die Autofenster ein und entwaffneten ihn. Libysche Medien berichten aber auch davon, dass es sich bei den Entführern um Libyer gehandelt haben soll.
Bei einer weiteren Operation von Spezialkräften der USA konnte das Operationsziel nach bisherigen Medienberichten nicht erreicht werden. US Navy Seals sind demnach ebenfalls am frühen Samstagmorgen in der somalischen Küstenstadt Barawe an Land gegangen, um einen der obersten Anführer der islamistischen Shabaab-Milizen, Abdulkadir Mohamed Abdulkadir – bekannt als „Ikrimah“ -, gefangen zu nehmen. Bei den eingesetzten Kräften soll es sich um das „Seal Team Six“ gehandelt haben. Ob diese Geheimoperation in einem direkten Zusammenhang mit der Terrorattacke auf das Einkaufszentrum in Nairobi (K-ISOM meldete dies hier) in Zusammenhang steht, ist noch unklar. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, dass der Anschlag auf das Einkaufszentrum durch die Milizen Präsident Obama dazu bewogen habe, diese Kommandoaktion durchzuführen. Die Seals zogen sich ohne Verluste nach einem längeren Feuergefecht wieder zurück, weil vermutlich Kollateralschäden nicht mehr auszuschließen waren. Ein Kämpfer der Al-Shabaab-Miliz wurde getötet. Die SEALs erlitten keine Verluste.
„Obwohl die Operation nicht zur Festnahme von Ikrimah führte, führten Angehörige des US-Militärs diese Operation mit einer einmaligen Präzision durch und zeigten, dass die Vereinigten Staaten die Führung der Al-Shabaab zu jeder Zeit unter Druck setzen können“, sagte der Pressesprecher des Pentagon, George Little am Montag. Little wollte Aussagen von Al-Shabaab nicht kommentieren, wonach der britische Special Air Service (SAS) und türkische Spezialkräfte die Kommandoaktion durchgeführt hätten.
Das britische und das türkische Verteidigungsministerium sagten in ähnlichen Erklärungen, dass keine ihrer Einsatzkräfte an dieser Operation teilgenommen hätten.
Dass es sich bei den eingesetzten Einheiten wirklich um die „Delta Force“ und das SEAL Team Six (auch DEVGRU genannt) handelt, wird niemand jemals offiziell bestätigen oder dementieren. In der Hierarchie der US-Spezialeinheiten handelt es sich bei diesen Einheiten um „Tier 1“-Einheiten (oder auch „schwarze/black“-Kräfte), d.h. dass ihre Einheiten und Einsätze der höchsten Geheimhaltungsstufe unterliegen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von „Black Ops“. Unter „Tier 2“-Einheiten fallen die oftmals weniger geheim operierenden und öffentlich bekannten (daher „weiße“-Kräfte) Spezialeinsatzkräfte wie die US Special Forces (des Heeres) – die „Green Berets“ – oder die US Army Ranger.
Für verschiedene Journalisten und Analysten zeigt sich anhand der zwei Spezialoperationen, dass Präsident Obama im weltweiten Kampf gegen die terroristischen Gruppierungen bevorzugt die kaum wahrnehmbaren Mittel – Drohnen und Spezialkräfte – einsetzt, um die USA aus den konventionellen Kriegen herauszuhalten (mehr dazu hier). Fawaz Gerges von der London School of Economics and Political Science brachte die Kriegsführung des Friedensnobelpreisträgers Obama (Obamas Rede 2009 und eine Redeanalyse über den Stellenwert des Einsatzes von Gewalt) auf den Punkt: wenn es um Al-Kaida und seine extremistischen Alliierten ginge, verfolge Obama eine „kill strategy“.