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Geiselnahme in Frankfurt zwischen schnellem Zugriff und langsamen Zureden

Die Beweggründe des 25-jährigen Täters, seine ehemalige 18-jährige Freundin am vergangenen Mittwoch fast 10 Stunden als Geisel zu nehmen, liegen auch mehrere Tage nach der Tat im Dunkeln. Der Täter bedrohte seine Ex-Freundin in deren Wohnung, in die er nach bisherigen Ermittlungen gegen ihren Willen eindrang. Am frühen Morgen des 16. Januar gelang es dem SEK, den Täter letztlich zu überwältigen (Bilderstrecke, Videobericht hier).

Das Besondere an dieser Lagelösung bestand darin, dass der erste Zugriffsversuch des Spezialeinsatzkommandos scheiterte. Das SEK stürmte die Wohnung, nachdem es einen Schuss gehört hatte, konnte den Täter jedoch nicht überwältigen. Fast zwei Stunden verhandelte man nun aufgrund dieser unerwarteten Lageentwicklung mit dem Täter von Angesicht zu Angesicht in der Wohnung. Er hatte sich mit der Geisel wohl überraschend in ein anderes Zimmer zurückgezogen, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Als nach langen Verhandlungen der Täter müde wurde, zündete das SEK eine zweite Blendgranate und konnte den Täter festnehmen.

In der Regel beruht die Zugriffstaktik der Spezialeinsatzkommandos der Polizei darauf, dass durch blitzartiges Eindringen in ein Zielobjekt und durch schnelles Tempo dem Geiselnehmer keine Reaktionszeit mehr bleibt. Ob es sich bei dem ersten Zugriff um einen Notzugriff handelte, ist unklar. Dagegen spricht, dass nach den bisher bekannten Angaben zuvor schon stundenlang mit dem Täter verhandelt worden war. Dies hätte dem SEK Zeit gegeben, sich auf einen Zugriff vorzubereiten. Wie sich später herausstellte handelte es sich bei der Waffe des Täters um eine Softair-Pistole.

In Frankfurt kam bei dieser Geiselnahme die Verhandlungsgruppe zum Einsatz. Sie gehören ebenfalls zu den polizeilichen Spezialeinheiten. Das Ziel der psychologisch ausgebildeten und rhetorisch geschulten Beamten ist es, durch gezielte Gesprächsführung deeskalierend auf den oder die Täter bzw. den Suizidgefährdeten einzuwirken oder ihn gar zur Aufgabe zu bewegen. Dazu nehmen sie auf Anweisung der Einsatzleitung mit Tätern oder suizidgefährdeten Personen auf einer menschlichen Ebene Kontakt auf, bauen Vertrauen auf und bleiben mit dem Täter in Verbindung, sondieren die Motivlage und den Zustand des Täters, versuchen das Erregungsniveau in dieser Ausnahmesituation zu reduzieren und so bestenfalls die Lage ohne Gewalt zu lösen.

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