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NSA: Militärische Feindaufklärung und politische Freundaufklärung

Der für die SIGINT-Aufklärung zuständige Nachrichtendienst der US-Streitkräfte National Security Agency (NSA) wird auch weiterhin seine Fähigkeiten dazu einsetzen, Informationen über regierungsinterne Angelegenheiten befreundeter und feindlich gesinnter Staaten zu erlangen. Dies ließ US-Präsident Obama in einer am 17. Januar gehaltenen Grundsatzrede durchblicken. Unter der Abkürzung SIGINT – für Signals Intelligence – versteht man die Erlangung von elektronisch übermittelten Daten und deren Auswertung.

Zwar untersagte Obama der NSA das Ausspähen eng mit den USA befreundeter Staats- und Regierungschefs, betonte aber gleichzeitig die veränderte Sicherheits- und Bedrohungslage nach den Anschlägen vom 11. September 2001 (Auszüge der Rede von Obama hier). Die Anschläge hätten die Rolle der US-Nachrichtendienste verändert: seitdem müssten sie potenzielle Attentäter und Hintermänner in den entlegensten Teilen der Welt identifizieren und deren Pläne antizipieren.

Obama betonte, dass man diese Gruppierungen und Netzwerke nicht durch menschliche Quellen – HUMINT/Human Intelligence – infiltrieren könne. Ähnlich argumentierte auch der bundesdeutsche Innenminister Thomas de Maizère: dezentrale Organisationen und Einzeltäter, die sich innerhalb von Wochen radikalisierten, seien nur durch viele Daten zu beobachten; dies hätte das „Übermaß der amerikanischen Beobachtung“ hervorgerufen (das ganze Interview hier; mehr zu der Bedrohung durch die Dschihadisten und ihre Selbstradikalisierung in der nächsten Ausgabe von K-ISOM).

Obama kündigte eine schärfere Kontrolle und schärfere Regeln bei der Sammlung und Auswertung von Daten an, die der Militärnachrichtendienst NSA weltweit abschöpft und auswertet (mehr dazu hier, hier, hier und hier). Die NSA hat auch das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Merkel abgehört, was nun zu Ermittlungen der Bundesanwaltschaft führen könnte. Substanzielle Änderungen an der bisherigen Vorgehensweise der NSA wird es jedoch nicht geben.

In einem Interview des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz – des auch für Spionageabwehr zuständigen Inlandsgeheimdienstes der Bundesrepublik – zeigte sich Hans-Georg Maaßen überrascht von der Späh-Affäre. Maaßen konnte sich nicht vorstellen, dass befreundete Dienste die Telefongespräche der Kanzlerin abhören würden (das ganze Interview findet sich hier).

Angesichts der Bedeutung der NSA und der Praxis der Nachrichtengewinnung war eine größere Reform bzw. eine Zurückhaltung bei den SIGINT-Aktivitäten nicht zu erwarten. US-Verteidigungsminister Hagel betonte im Dezember, dass die US-Regionalkommandos die „größten Nutzer und Konsumenten“ der nachrichtendienstlichen Erkenntnisse der NSA seien. Martin Dempsey, Vorsitzender der vereinigten US-Stabschefs, befürchtete sogar eine „Lücke“ bei den nachrichtendienstlichen Erkenntnissen zwischen NSA und den US-Einheiten auf den Schlachtfeldern, die die Informationen für die weltweiten Operationen bräuchten.

Präsident Obama zielt darauf ab, das offene, weltweite und kostenintensive Engagement der US-Streitkräfte in Kriegsgebieten zu reduzieren (Abzug aus Irak, Reduzierung der Kräfte in Afghanistan). Stattdessen setzt er auf die Möglichkeiten der US-Streitkräfte zu verdeckten und geheimen Operationen. Dafür sind drei wesentliche Bestandteile vonnöten: Aufklärungsergebnisse durch die US-Nachrichtendienste, Drohnen und Spezialeinsatzkräfte (K-ISOM berichtete darüber hier, hier und hier).

 

Weiterführende Informationen und Links:

  • Chronologie des NSA-Skandals hier
  • ZDF-Interview mit Präsident Obama hier