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Israel: Tod des legendären Kommandeurs der „Einheit 101“ – Maglan-Spezialkräfte ‚exerzieren‘ in Unterwäsche

Der nach acht Jahren im Koma verstorbene ehemalige israelische Ministerpräsident Ariel Scharon ist am 13. Januar beerdigt worden. Den Sarg trugen acht Generäle der israelischen Streitkräfte.

Der 85-jährige Scharon war einer der bekanntesten Soldaten und Politiker Israels – und einer der umstrittensten. Deshalb wird er in Nachrufen und Kommentaren sowohl als „skrupelloser Machtmensch“ und „zynischer Krieger“ sowie „bedenkenlos und furchtlos“ als auch als „Lehrmeister des Anti-Terrorkrieges“ bezeichnet. In der Wochenzeitung „Die Zeit“ bezeichnet ihn der Autor Josef Joffe als einen Feldherrn „vom Schlage Napoleons, Rommels oder Pattons. Solche genialen Siegertypen gibt der moderne Krieg mit seinen satelliten-gesteuerten Maschinen nicht mehr her.“

In den 1950er Jahren gründete und führte Scharon die berühmt-berüchtigte israelische Spezialeinheit „Unit 101“ (Bild hier). Es handelte sich dabei um die erste Kommandoeinheit der israelischen Streitkräfte. Später wurde sie mit dem Fallschirmjägerbataillon zusammengelegt und bildete so die erste Fallschirmjägerbrigade der IDF (Israel Defense Forces). Die „101“ selbst existierte nur rund ein halbes Jahr und umfasste rund 45 von Scharon persönlich ausgesuchte Soldaten.

Der israelische Unabhängigkeitskrieg 1948/49 war für Scharon ein einschneidendes Erlebnis. Denn zum einen hatte sein Zug bei einem Angriff hohe Verluste zu erleiden und er tat etwas, dass in den israelischen Streitkräften heute als unmöglich erscheint: er ließ Verwundete auf dem Schlachtfeld zurück. Er selbst wollte mit einem Bauchschuss auch zurückgelassen werden. Scharon trank nach eigenen Angaben damals Wasser aus einer Pfütze an der Sammelstelle für Verwundete, das sich mit dem Blut der Verwundeten vermischt hatte.

Aufgabe der „Einheit 101“ war es, in Nachtoperationen über die Waffenstillstandslinien nach Gaza und in das jordanisch besetzte Territorium zu infiltrieren, um Vergeltungsangriffe auszuführen. Dass er nach Anschlägen palästinensischer Guerillas mit der „Einheit 101“ Vergeltung an palästinensischen Zivilisten übte – die doppelte Anzahl Palästinenser sollte für die getöteten Israels getötet werden –, erwähnte er auch gegenüber Journalisten (hier). Bei einer Vergeltungsoperation zerstörte die Einheit ein Dorf und tötete ca. 40 Einwohner, darunter Frauen und Kinder. Zwar bestritt Scharon später, dass der bei diesem Angriff bewusst Zivilisten bei den Sprengungen der Häuser tötete, er meinte aber auch, dass dieser Angriff ein Wendepunkt gewesen sei. Zum ersten Mal hätten israelische Kommandosoldaten weit hinter den feindlichen Linien operiert und dem Gegner gezeigt, dass die IDF sie an jedem Ort angreifen könnten.

1956 führte er als Kommandeur einer Fallschirmjäger-Brigade den Angriff auf den strategisch wichtigen Mitla-Pass auf der ägyptischen Halbinsel Sinai, 1973 war seine Panzerdivision die Speerspitze des israelischen Gegenangriffs über den Suez-Kanal (Bilderstrecken über die Karriere Scharons hier und hier). Als Verteidigungsminister führte er 1982 die IDF entgegen den ursprünglichen Plänen bei der Intervention im Libanon bis nach Beirut. Mit Israel verbündete, libanesisch-christliche Milizionäre ermordeten 1982 systematisch Hunderte palästinensische Flüchtlinge in den Lagern Sabra und Schatila, ohne dass die IDF eingriffen. Eine israelische Untersuchungskommission gab Scharon eine Mitschuld an dem Massaker und er musste zurücktreten. Als israelischer Ministerpräsident war er während des zweiten Aufstandes der Palästinenser für die Politik der gezielten Tötungen verantwortlich. Auslöser – nicht Ursache – der Zweiten Intifada war sein Besuch auf dem arabisch verwalteten Tempelberg in Jerusalem. In dieser Zeit ließ er die Sperranlagen und Mauern bauen, die Israel vor Terrorangriffen schützen sollten, und er ließ die israelischen Siedlungen im Gaza-Streifen räumen, um somit Siedlungen im Westjordanland bei späteren Verhandlungen nicht aufgeben zu müssen.

Soldaten der israelischen Spezialeinheit „Maglan“ exerzierten bei ungewöhnlich winterlichen Verhältnissen in Israel im Schnee, nur bekleidet mit Unterwäsche, Tragekoppeln und Sturmgewehr (Bild und Bericht hier). Die Bilder lösten in Israel eine Diskussion über die Fürsorgepflicht von Offizieren aus. Nach Angaben einiger Soldaten soll es sich um eine gemeinschaftbildende Maßnahme gehandelt haben. Das Video dieses Drills in diversen, verschiedenfarbigen Unterhosen findet sich in diesem Bericht bzw. in dem dazugehörigen TV-Bericht des israelischen Fernsehenders (in hebräischer Sprache).

Die „Maglan“-Spezialeinheit gehört zu den Landstreitkräften der IDF, sie entstammen der Fallschirmjäger-Brigade. Die Einheit gehört neben der Shayetet 13 (Marine), Shaldag (Luftwaffe) und der berühmten Sayeret Matkal (untersteht dem Militärnachrichtendienst Aman) zu den bekanntesten israelischen Spezialkräften. Die 1986 gegründete „Maglan“ hat die Aufgabe, verdeckt weit hinter feindlichen Linien zu operieren. Gesicherte Fakten zu dieser Einheit existieren wie bei allen israelischen Spezialeinheiten nicht. Auf offiziellen Webseiten wird die Einheit lediglich beiläufig erwähnt bzw. allgemein beschrieben (z.B. hier und hier), aber kaum näher vorgestellt.