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Deutsche Spezialkräfte gegen IS? Hilfs- und Debattenbeiträge zwischen Feldküchen und Parlamentsvorbehalt

In der kaum wahrnehmbaren Diskussion in Deutschland über den Beitrag im Kampf gegen die radikalislamischen IS-Milizen im Nahen Osten hat sich erstmals ein Mitglied des Bundestages offen und klar für den Einsatz deutscher Spezialkräfte ausgesprochen. In einem Beitrag für die „Huffington Post“ argumentiert die Bundestagsabgeordnete der CSU und Mitglied des Verteidigungssausschusses, Julia Bartz, dass es eine Lehre aus vergangen Krisen sei, dass man durch „frühzeitiges und entschlossenes Handeln“ spätere Schwierigkeiten vorbeugen könne.
Über einen möglichen Auftrag deutscher Spezialkräfte schrieb sie: „So wie auf dem Balkan […] und in Afghanistan […], sollten wir unsere Spezialkräfte und Dienste zusammen mit denen unserer Verbündeten einsetzen, um die Schlächter der ISIS-Terrormiliz, die mit ihren schwersten Verbrechen inzwischen die Internationale Gemeinschaft als Ganzes betreffen, zu suchen, zu finden und vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen.“ Damit sprach sich die Abgeordnete explizit für einen Kampfeinsatz unter Beteiligung der Bundeswehr aus.

Waffen und Feldküchen, aber nicht das KSK

Für den von ihr geforderten militärischen Beitrag der Bundeswehr käme das Kommando Spezialkräfte (KSK) in Frage, welches in Afghanistan ähnliche Missionen beim Ergreifen von Hochwertzielen („High Value Target“, HVT) durchführte. Allerdings gibt es weder in der Bundesregierung noch im Bundestag weitere Stimmen, die ein aktives Eingreifen fordern.
Selbst die Spezialeinsatzkräfte der westlichen Verbündeten sind nur mit dem Beratungs- und Ausbildungsauftrag im Konfliktgebiet. Neben der Beratung und Ausbildung der Kurden werden auch Waffen und weitere militärische Ausrüstung geliefert.
Demnächst werden die USA auch die moderaten, regierungsfeindlichen und gegen die IS-Milizen kämpfenden Rebellen in Syrien trainieren und mit Waffen versorgen. Ein Kampfeinsatz der USA in der Region, insbesondere mit Landstreitkräften, ist von Präsident Obama nicht gewollt und nicht ohne weitere gesetzliche Grundlagen möglich (Hintergründe zur Abstimmung im US-Kongress in der letzten Woche hier).
Die Rechtslage in Deutschland ist ähnlich. Ohne die ausdrückliche Genehmigung des Bundestages können die Soldaten der Bundeswehr nicht in einen Kampfeinsatz entsandt werden (Parlamentsvorbehalt). Vor dem Hintergrund vergangener Konflikte und zunehmender multilateraler Streitkräftestrukturen überprüft allerdings eine Kommission die zukünftige Mandatierung von Bundeswehreinsätzen.
Vertreter der Partei „Die Linke“ betrachten allerdings die in den Irak entsandten Angehörigen der Bundeswehr bereits als de facto im Krieg. Daher fordern sie ein Bundestagsmandat. Das Bundesministerium der Verteidigung vertritt hingegen die Auffassung, dass es sich bei dem gegenwärtigen Transport humanitärer Güter und der Einweisung in die gelieferten militärischen Güter (s. Bundeswehr-Video) nicht um mandatierungspflichtigen Einsatz handelt. Dazu verweist das Ministerium auf drei Kriterien: Die Übergabe und Einweisung erfolgt nicht im Kampfgebiet und das Gerät wird bei der Einweisung nicht für Kampfhandlungen genutzt. Ferner führen die Bundeswehr-Soldaten lediglich Handwaffen zum Selbstschutz mit.
Die Ausbildung der Kurden an der Panzerabwehrwaffe „Milan“ und an den Feldküchen erfolgt in Deutschland. Über die Lieferungen berichtete K-ISOM hier.

Die französischen Luftstreitkräfte haben nach eigenen Angaben die ersten Luftangriffe gegen ein Depot der IS im Nordosten des Irak geflogen. Die zwei Kampfflugzeuge des Typs „Rafale“ zerstörten das Angriffsobjekt mit vier lasergelenkten Bomben des Typs GBU-12, wie das nachfolgende Video der französischen Streitkräfte zeigt.

Nach Angaben Frankreichs haben die US-Streitkräfte für den Fall eines Abschusses Combat Search-and-Rescue-Fähigkeiten für die französischen Piloten im Operations- bzw. Feindgebiet garantiert.

KSK unter Beschuss in Afghanistan

Dass die beratende Begleitung lokaler Kräfte mit erhöhten Gefahren verbunden ist, zeigte sich beim Einsatz von KSK-Soldaten in Afghanistan. Bereits am 4. September soll nach Darstellung verschiedener deutscher Medien eine KSK-Einheit durch regierungsfeindliche Kräfte rund 40 Kilometer von Masar-i-Scharif entfernt beschossen worden sein. Die KSK-Soldaten sollen eine Einheit der afghanischen Polizei begleitet haben. Eine offizielle Bestätigung, dass es sich um KSK-Soldaten gehandelt hat, gibt es naturgemäß nicht.
Die Bundeswehr teilte lediglich mit, dass die deutschen Kräfte auswichen und Kampfhubschrauber anforderten, die allerdings nicht zum Einsatz gekommen seien. Eigene Kräfte wurden durch den Beschuss nicht verletzt, so die Bundeswehr.
Angesichts der zunehmenden Destabilisierung der Sicherheitslage in Teilen Afghanistans durch den fortschreitenden Abzug der ausländischen Kampftruppen und ihrer zentralen militärischen Fähigkeiten (Luftwaffe mit Luftnahunterstützung) ist es fraglich, ob die Dschihadisten der IS in Syrien und im Irak mittel- und langfristig ohne den Kampfeinsatz westlicher Bodenstreitkräfte zur Unterstützung lokaler Sicherheitskräfte bekämpft werden können. [ej]