«

»

Gescheiterte Geiselbefreiung in Somalia: Gründe für Desaster noch immer unklar

Die genauen Umstände einer gescheiterten und verlustreichen Operation der französischen Streitkräfte zur Geiselbefreiung in Somalia, bei der am 12. Januar eine ca. 50-Mann starke Spezialeinheit eingesetzt wurde, sind auch fast zwei Wochen nach den Ereignissen noch immer unklar. Die Geisel, zwei Kommandosoldaten und 17 Islamisten sollen bei der Aktion in der Ortschaft Bulomarer getötet worden sein.

Das Ziel der französischen Kommandosoldaten war die Befreiung der Geisel Denis Allex, der vermutlich rund 100 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Mogadischu festgehalten wurde. Der vermutliche Mitarbeiter des französischen Auslandsnachrichtendienstes DGSE (Direction générale de la sécurité extérieure) war bereits im Juni 2009 aus einem Hotel in Mogadischu von den islamistischen Shabab-Milizen entführt worden.

Die Shabab ließ am 16. Januar – nach dem gescheiterten Befreiungsunternehmen – über ihren Twitter-Account mitteilen, dass man Allex den Prozess gemacht und ihn hingerichtet habe. Dies widerspricht den Aussagen des französischen Verteidigungsministers Jean-Yves Le Drean. Dieser hatte unmittelbar nach der gescheiterten Kommando-Aktion erklärt, dass die Geisel höchstwahrscheinlich im Verlauf der gescheiterten Militäroperation von den Geiselnehmern erschossen worden war. Die islamistische Shabab dementierte diese Einschätzung.

Das französische Verteidigungsministerium teilte zudem mit, dass zwei französische Soldaten bei der Aktion ums Leben gekommen seien. Laut Angaben der islamistischen Kämpfer ist ihnen einer schwer verwundet in die Hände gefallen und dann in der Gefangenschaft seinen Verletzungen erlegen. Sie publizierten Fotos des getöteten Kommandosoldaten und Bilder der Ausrüstung in Verbindung mit der sarkastischen Frage an Präsident Hollande, ob dies die Aktion Wert gewesen sei.

Die französische Regierung hat bislang keine weiteren Informationen zum genauen Ablauf mitgeteilt. Aufgrund verschiedener Medien- und Augenzeugenberichte verlief das Geiselbefreiungsunternehmen, das seit Wochen geplant wurde, nicht nur unplanmäßig sondern chaotisch. Anzeichen dafür sind, dass man zum einen die Geisel nicht befreien konnte und zum anderen, dass man tote bzw. verletzte Soldaten zurückließ. Bereits im Dezember soll Präsident Hollande den Einsatzbefehl gegeben haben.

Das französische Magazin „Le Point“ berichtet, dass die Angriffseinheit unter Leitung des DGSE gestanden haben soll. Sie soll aus einer 50 Mann starken, nicht näher genannten Spezialeinheit von COS (Commandement des opérations spéciales) bestanden haben. COS ist das Führungskommando der französischen Spezialkräfte.

Wie die Zeitung „Le Point“ weiter berichtet, hatte Frankreich zuvor unter größter Geheimhaltung die Fregatte „Chevalier Paul“ und das amphibische Landungsschiff bzw. den Hubschrauber-Träger „Mistral“ vor die somalische Küste verlegt. Von dort aus starteten der Zeitung zufolge vier Transporthubschrauber des Typs EC-725 „Caracal“ und zwei Kampfhubschrauber des Typs „Tiger“, um die Geisel zu befreien.

Nach Ansicht des französischen Verteidigungsministers sind die Milizen gewarnt worden. Somalische Zeugen berichteten hingegen, dass man die Hubschrauber gehört habe, die dann die französischen Soldaten abgesetzt hätten. Nach Zeugenaussagen begann der Feuerkampf, nachdem die französischen Soldaten einen Checkpoint der Islamisten angriffen und bevor sie das vermutliche Angriffsziel, das Haus mit der Geisel, erreichten. Die Shabab-Milizen sagten zu Medienvertretern, dass die französischen Einheiten mit ihren Hubschrauber-Angriffen auch Zivilisten, darunter Ältere und Kinder, getötet hätten. Vermutlich 17 Shabab-Milizionäre starben bei dem Feuergefecht.

Als sicher gilt nur, dass die französischen Streitkräfte Unterstützung durch die USA erhielten. Nach Angaben von US-Präsident Obama, stellten die US-Streitkräfte eine „begrenzte technische Unterstützung“ zu Verfügung. In einem Brief an den Kongress teilte Obama mit, dass ein US-Kampfflugzeug kurzzeitig in den somalischen Luftraum eingedrungen sei, allerdings habe dieses seine Waffen nicht eingesetzt. Nähere Angaben machte er nicht.

Die fehlgeschlagene Operation erinnert an die gescheiterte Sonderoperation der US-Streitkräfte in Somalia vor fast 20 Jahren. Damals wurde aus einer begrenzten, Hubschrauber-gestützten Spezialoperation zur Festsetzung einer hochrangigen Zielperson inmitten der somalischen Hauptstadt Mogadischu eines der größten Gefechte der US-Streitkräfte seit dem Vietnam-Krieg. Die hohen Verluste der US-Spezialkräfte bei der Operation (dem „Black Hawk Down-Vorfall) führten letztlich zum Abzug der gesamten US-Truppen aus dem Bürgerkriegsland. Für Usama Bin Laden war der damalige Abzug der US-Streitkräfte aus Somalia die Bestätigung seiner Sichtweise, nämlich dass die US-Soldaten nur „Papiertiger“ seien, betont Peter Bergen in seinem Buch über die Jagd auf Bin Laden mit dem Titel „Manhunt“.