Nach dem jährlich in Jordanien stattfindenden multilateralen Großmanöver „Eager Lion“ (gieriger/eifriger Löwe) sind rund 900 US-Soldaten in Jordanien verblieben, um ein Übergreifen des syrischen Bürgerkrieges auf das Nachbarland zu verhindern (K-ISOM meldete dies). Ende Juni bestätigte der jordanische Premierminister Abdullah Ensour, dass rund 200 Soldaten davon Kräfte seien, die jordanische Truppen im Umgang mit chemischen Kampfstoffen ausbilden (K-ISOM meldete dies bereits vor einem Jahr). Der Premierminister betonte, dass die geringe Anzahl von US-Truppen in Jordanien nicht zum Eingreifen in den syrischen Konflikt im Land stationiert sei.
Nach Ansicht des Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs der US-Streitkräfte (Chairman of the Joint Chiefs of Staff), Martin Dempsey, sind für die USA fünf Szenarien für eine Intervention in Syrien denkbar. Bei fast allen handelt es sich um „kinetische Angriffe“, also den direkten Einsatz von Waffengewalt. Alle Optionen legte er in einem Brief an den Kongress dar. In allen Fällen sei eine „Verwicklung“ in den Syrien-Konflikt kaum zu verhindern, so Dempsey. Man müsse dann auch auf das vorbereitet sein, was als nächstes käme. Damit deutete er die Gefahr einer Mission Creep, die alle Interventionen westlicher Streitkräfte in den letzten 20 Jahren gekennzeichnet hat, und mögliche Gegenschläge an.
Dies sind die Möglichkeiten aus seiner Sicht:
- Ausbildung und Beratung gemäßigter Kräfte der bewaffneten Widerstandgruppen gegen das Regime von Präsident Assad,
- Begrenzte Luftangriffe auf strategische Ziele, um dem Regime die Fähigkeit zur Kriegsführung zu nehmen,
- Einrichtung und Durchsetzung einer Flugverbotszone,
- Einrichtungen von Pufferzonen in Grenznähe zu Jordanien und der Türkei in Kombination mit einer begrenzten Flugverbotszone und US-Kräften vor Ort (und auf dem Boden), um Flüchtlinge zu schützen und der Opposition ein Gebiet zu sichern, in dem sie sich organisieren kann,
- Kontrolle der Chemiewaffen durch Spezialeinheiten
Nach Einschätzung von Dempsey müssten bei der 5. Option Tausende Spezialkräfte eingesetzt werden, unterstützt durch die Luftwaffe und andere Kräfte. Die Kosten für die Eroberung und Sicherung der C-Waffen in Syrien lägen bei rund einer Milliarde US-Dollar monatlich (Bericht und Brief von Dempsey im Original hier)
Das Regime unter Präsident Assad hat sich derweil politisch und militärisch stabilisiert. Militärisch konnte die syrische Armee die Rebellen an strategischen Punkten mit Hilfe der libanesischen Hisbollah-Miliz und Unterstützung aus dem Iran zurückdrängen. Assad hat zudem die Führung seiner alles dominierenden Baath-Partei ausgetauscht. Es deutet sich damit an, dass Assad – übersetzt bedeutet dieser Name „Löwe“ – bei möglichen Verhandlungen in Genf nicht aus einer Position der Schwäche heraus auftreten wird.
In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ im Juni warnte er die europäischen Staaten und widersprach den Anschuldigungen, seine Streitkräfte hätten Chemiewaffen eingesetzt (mehr zu Chemiewaffen in der nächsten Ausgabe der „Kommando“). Eine Folge von westlichen Waffenlieferungen an die Rebellen wäre „der direkte Export des Terrorismus nach Europa. Terroristen werden kampferfahren und mit extremistischer Ideologie ausgerüstet zurückkehren“, so Assad im Gespräch mit der Zeitung. Zum Thema Chemiewaffen sagte er, dass man weder bestätigt noch dementiert habe, dass man über sie verfüge. Angesprochen auf die Vorwürfe, dass sein Regime Sarin-Gas eingesetzt habe und daran ca. 150 Personen gestorben sein sollen, antwortete Assad, dass es unlogisch sei, Chemiewaffen einzusetzen, um eine „Zahl von Menschen zu töten, die durch Einsatz konventioneller Waffen erreicht werden kann.“
Weiterführende Informationen und Links:
- Bilderstrecke der Übung „Eager Lion“
- Video von einem Gefechtsschießen bei der Übung „Eager Lion“ 2013
- Interview mit ARD-Korrespondenten über Lage in Syrien