Die lange vorbereitete Militäroperation zur Rückeroberung der nordirakischen Millionenmetropole Mossul hat im Morgengrauen des vergangenen Montag begonnen. Es handelt sich um die umfangreichste Operation seit der Invasion des Irak durch die anglo-amerikanischen Streitkräfte im Jahr 2003.
„Mossul wird ein harter Kampf, aber die irakischen Sicherheitskräfte sind bereit. Sie warten seit zwei Jahren darauf, Mossul zu befreien – und heute ist dieser Tag“, sagte US-General Gary J. Volesky. Er befehligt die „Combined Joint Forces Land Component Command – Operation Inherent Resolve (CJFLCC-OIR).
Kräfte und Spezialeinsatzkräfte rund um Mossul
An der Großoffensive beteiligen sich schätzungsweise
- 30.000 Soldaten der Streitkräfte des Iraks und
- 4000 Peschmerga-Kämpfer der Kurden
Hinzu kommen die schiitische Haschd Schaabi-Milizen im Westen und kleinere arabisch-sunnitische Milizen.
Die Kräfte rücken von vier Seiten auf die Stadt vor. Vor den Toren der Stadt gelang es Einheiten der irakischen Streitkräfte und der kurdischen Peschmerga erste Verteidigungsstellungen der Milizen des „Islamischen Staates“ zu durchbrechen und einige Siedlungen zu erobern (s. folgendes Video der Kurden).
Auf einem Stützpunkt in Bashiqa, in der Nähe von Mossul, hat zudem die Türkei 2000 Soldaten stationiert.
Luftunterstützung erhalten die Bodentruppen von der US-geführten Anti-IS-Koalition. Insgesamt verfügen die USA über rund 5000 Soldaten im Irak. Viele von ihnen gehören zu Spezialeinsatzkräften, die die irakischen Streitkräfte ausbilden und sie frontnah Berater und Fliegerleitsoldaten begleiten.
Laut Angaben der französischen Streitkräfte flogen in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober Kampfjets Angriffe auf Fertigungsstätten für Sprengfallen im Raum Mossul, wie im folgenden Video teilweise zu sehen ist.
K-ISOM berichtete über den Kampf gegen den IS u.a. hier, hier, hier und hier.
Freund und Feind sind in diesem bewaffneten Konflikt relative Begriffe. Eine interaktive Übersicht zeigt, in welchem Verhältnis die Staaten und Akteure in der Region zu einander stehen.
Häuserkampf in Millionenstadt? Spezialeinheiten zuerst
Mossul ist die letzte Großstadt im Irak, die noch von der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ kontrolliert wird. Die Metropole wurde im Juni 2014 dem IS faktisch kampflos überlassen.
Im Vergleich zu anderen vom IS zurückeroberten Städten ist Mossul größer und bevölkerungsreicher. Die Einwohnerzahl wird auf noch immer 1,2 Millionen Menschen geschätzt. Man nimmt an, dass sich zwischen 4000 und 8000 Dschihadisten in der Stadt aufhalten. Den Höhepunkt der Schlacht um Mossul erwartet man gegen Ende des Jahres.
Spezialeinheiten der irakischen Streitkräfte rücken vermutlich als Erste in die festungsartig ausgebaute Stadt ein, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrer Dienstagsausgabe.
Bei Operationen in urbanen Räumen erschweren im Allgemeinen die über- und unterirdische Bebauung, vielfache Geländehindernisse, schnell wechselnde Bedingungen und die vielen nicht an Kampfhandlungen teilnehmenden Zivilisten das Vorrücken. Aufklärungsmöglichkeiten, taktische Bewegungen und die Abstimmung mit anderen Truppenteilen sind eingeschränkt. Einem irregulären Gegner bieten sich unzählige Deckungs-, Versteck und Annäherungsmöglichkeiten und die Wirkung eigener Waffen ist ebenfalls eingeschränkt.
Aus den bereits eroberten Dörfern rund um Mossul ist bekannt, dass der IS dort Tunnelsysteme angelegt hat, um die einrückenden Gegner zu überraschen. Diese sollen laut Zeugenaussagen auch in Mossul selbst angelegt worden sein, berichtet die „Neue Zürcher Zeitung“. Über die Tunnelkriegsführung an einem anderen Konfliktherd im Nahen Osten berichtete K-ISOM hier und hier.
Kanadische Spezialkräfte beraten die Kurden
Bis zu 210 Spezialkräfte der Streitkräfte Kanadas unterstützen frontnah die kurdischen Peschmerga-Kämpfer bei den Vorbereitungen und den Operationen zur Rückeroberung von Mossul, berichten kanadische Medien. Zwar betont die Regierung, dass es sich nicht um einen Kampfeinsatz handelt, aber die Soldaten operierten an der Frontline bzw. kurz dahinter.
In diesem TV-Bericht eines kanadischen Senders vom August wird berichtet, dass kanadische Spezialkräfte bei der Eroberung einiger Ortschaften rund um Mossul teilnahmen.
Frankreichs Spezialkräfte: CPA 10-Soldaten schwer verletzt
Dass bei den Kämpfen im Nordirak mit erheblichen Verlusten an der Hauptkampflinie und dahinter gerechnet werden muss, zeigen Verluste durch eine fliegende Sprengfalle des IS. Bereits am 2. Oktober wurden im Nordirak zwei Angehörige der französischen Spezialkräfte schwer verletzt, berichtet der französische Rundfunkt RFI. Demnach wurden zwei Soldaten der CPA 10 durch eine Sprengfalle schwer verwundet, zwei kurdische Peschmerga-Soldaten starben. Die französische Zeitung „Le Monde“ berichtet, das die Sprengvorrichtung zu einer Drohne des IS gehört haben soll.
Die Spezialkräfte gehören zu einem rund 150 Soldaten umfassenden Spezialkräfte-Kontingent namens Task Force Hydra, das offiziell in Erbil im Einsatz ist. Bei der Einheit CPA 10 (Commandos Parachutistes de l’air n°10) handelt es sich um Spezialkräfte der französischen Luftwaffe für Bodenoperationen. Die Einheit untersteht dem französischen Oberkommando der Spezialeinsatzkräfte COS (Commandement les opérations spéciales).
Neben der CPA 10 gibt es noch die CPA 20 und die CPA 30. Bei ihnen handelt es sich eher klassische Kommando-Einheiten, während die CPA 10 über die höchste Befähigungsstufe – also TIER-1/Spezialkräfte – verfügen.
Über die Spezialeinsatzkräfte der französischen Luftwaffe berichtete K-ISOM in dieser Meldung.
[ej]