Ein Spezialeinsatzkommando der bayerischen Polizei beendete am Montag um 17:30 Uhr eine neun Stunden dauernde Geiselnahme im Alten Rathaus von Ingolstadt. Beim Zugriff sei der Geiselnehmer angeschossen, aber nicht schwer verletzt worden, so ein Polizeisprecher. Der Täter war mit einem Messer bewaffnet und hatte zudem eine echt aussehende Pistolenattrappe bei sich. Alle Geiseln sind unverletzt.
Der vorbestrafte 24-jährige Täter hatte am Morgen vier Geiseln genommen, die er aufgrund der Verhandlungen mit der Verhandlungsgruppe der Polizei teilweise freiließ. Unter den Geiseln befand sich auch eine Frau, der der Mann systematisch nachstellte (Stalking). Das genaue Motiv des Täters ist allerdings unklar. In einem Gutachten über den Mann ging der Gutachter davon aus, dass dieser Mann keine schwerwiegenden Straftaten begehen würde, berichtet „Zeit online“.
Vor dem Zugriff hat die Polizei nach Aussagen des Polizeivizepräsidenten, Gietl, auf „Zeit gespielt“. Der Sprecher der Polizei, Hans-Peter Kammerer, sagte, dass man sich bei den Verhandlungen grundsätzlich immer Zeit lassen würde, solange die Geiselnehmer sich ruhig verhielten. Trotz intensiver Verhandlungen erfuhr die Polizei nichts Genaues über die Motivlage oder konkrete Forderungen. Als der Täter nach Essen verlangte, brachten ihm SEK-Beamte einen Döner. Als man die Handlungen des Geiselnehmers nicht mehr deuten konnte, entschied sich die Polizei für einen Zugriff durch das SEK.
Nach Angaben des Bayerischen Rundfunks handelte es sich bei den Spezialkräften um das SEK-München. Die bayerischen Spezialeinheiten, zu denen neben den SEKs auch die Mobilen Einsatzkommandos (MEK) und die Technischen Einsatzkommandos (TEK), gehören nach Angaben der Polizei in Bayern zu zwei Polizeiinspektionen. Die Polizeiinspektion Spezialeinheiten Nordbayern befindet sich beim Polizeipräsidium Mittelfranken in Nürnberg, die Polizeiinspektion Spezialeinheiten Südbayern in München.
Das Bundesland Bayern gehörte zu den ersten Ländern in der damaligen Bundesrepublik, die parallel zur GSG 9 des Bundes eigene Spezialeinsatzkommandos für besondere Einsatzlagen mit einem hohen Gefährdungsgrad aufstellten. Die Ursache für die Aufstellung waren zwei Ereignisse, bei denen es keine besonders geschulten Polizeikräfte in München gab: einerseits die Geiselnahme bei den Olympischen Spielen 1972, andererseits der erste Banküberfall mit Geiselnahme in der deutschen Kriminalgeschichte 1971.