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Ukraine: „Berkut“-Spezialeinheit der Miliz aufgelöst

Die nach monatelangen Massenprotesten an die Macht gekommene neue Übergangsregierung der Ukraine hat mitgeteilt, die Spezialeinheit der Polizei „Berkut“ aufgrund des Verhaltens dieser berühmt-berüchtigten Einheit mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Die „Berkut“ war eine der ukrainischen Einheiten, die bei den Polizeieinsätzen gegen die friedlichen und gewaltbereiten Demonstranten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew an vorderster Stelle eingesetzt wurden. Bei den Protesten und den Gegenmaßnahmen der Polizei sind mindestens 82 Menschen ums Leben gekommen. Vermutlich wird diese Zahl noch ansteigen.

„Berkut“ bedeutet übersetzt „Steinadler“. Die in den Wirren nach der Auflösung der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre gegründete Einheit gehörte zur Miliz der Ukraine und war dem Innenministerium unterstellt. Bei der Gründung der „Berkut“ im Januar 1992 nutzte man die Erfahrungen der diversen OMON-Einheiten der ehemaligen UdSSR (Bilderstrecke über die Berkut hier).

Die Hauptaufgabe der Einheit war zunächst der Kampf gegen die organisierte Kriminalität, später auch die personelle und logistische Unterstützung der regulären Polizei bei Großlagen wie Großveranstaltungen und Demonstrationen. Die Aufgabenstellung ist in weiten Teilen mit der deutschen Bereitschaftspolizei zu vergleichen.

Allerdings war die militärisch organisierte Einheit, die auch mit schweren Waffen bzw. Schützenpanzern ausgestattet sein soll, auch immer dazu gedacht, regierungskritische Demonstrationen bzw. Bewegungen zu unterdrücken. Der Einheit, der man eine besondere Treue zum Regime des abgesetzten Präsidenten Viktor Janukowitschunterstellte, warf man schon in der Vergangenheit unverhältnismäßige Übergriffe und eine hohe Gewaltanwendung vor. Verschiedene Videos der Demonstrationen der letzten Wochen zeigen die Gewalt von Demonstranten gegenüber den Polizeikräften, den Schusswaffengebrauch der Polizeikräfte sowie die Behandlung eines festgenommenen, nackten Demonstranten. Das letztgenannte Video zeigt auch, wie sich Polizisten mit ihm fotografieren lassen und ihn schlagen und treten (Video eines Zusammenstoßes aus dem vergangenen Jahr, weitere Meldung hier).

Medienangaben zufolge sollen die Angehörigen der Einheit nicht nur besser ausgebildet sein als andere Polizeieinheiten, sondern auch eine bessere Bezahlung erhalten haben. Der Umfang der Einheit wurde auf rund 4.000 – 5.000 Mann geschätzt.

Ende Januar tauchte ein Video und Berichte von ukrainischen Bloggern auf, die auf den Einsatz von weiteren, nicht näher bekannten Spezialeinheiten hindeuteten. Möglicherweise gehörten die Spezialkräfte auf dem Video zu den ukrainischen Streitkräften. Manche vermuteten sogar den Einsatz russischer Spezialeinheiten. Bei diesen Informationen handelt es sich allerdings um Einschätzungen und Vermutungen, die von unabhänigiger Seite nicht bestätigt werden konnten.

Spezialeinsatzkräfte der ukrainischen Streitkräfte haben in der Vergangenheit an verschiedenen Übungen mit NATO-Kräften teilgenommen, so 2011 an der Übung „Jackal Stone“ (Videobericht hier).

Weiterführende und ergänzende Links:

  • Hintergrundbericht über die “Berkut” hier
  • Eines der Videos in diesem Bericht zeigt, wie die pro-westlichen Demonstranten Angehörigen der Polizei abführen. Der Bericht zitiert auch Angaben des ukrainischen Innenministeriums, wonach 23 Polizisten durch Scharfschützen der Demonstranten verletzt worden seien und die Demonstranten „offen Feuerwaffen gegen die Berkut einsetzen“.
  • Zeitungsbericht über Omon-Einsatz 1991 hier