«

»

Kriegsmüdigkeit und neue Kriegskonzepte in den USA

Angesichts der vermehrten Anschläge von vermeintlich afghanischen Soldaten oder Polizisten auf ISAF-Kräfte hinterfragen immer mehr US-Bürger das Engagement in und für Afghanistan. Nach Angaben von „Tagesschau.de“ befürworten zwei von drei US-Bürgern einen schnelleren Abzug aus Afghanistan. Der Stimmungsumschwung kündigte sich bereits Anfang dieses Jahres an. In einer Meinungsumfrage der Zeitung „USA Today“ sprachen sich im März 50 Prozent der befragten US-Amerikaner für einen schnelleren Abzug aus.

Der Kommandeur der ISAF, General Allen, sagte vor dem Hintergrund der Insider-Angriffe im US-Fernsehen, dass man ja bereit sei, viel für Afghanistan zu opfern, man sei aber nicht bereit, sich ermorden zu lassen. Der Afghanistan-Einsatz ist der längste Kriegseinsatz der USA in ihrer Geschichte.

Der Vorsitzende der Stabschefs der USA, General Dempsey, stellte am 28. September in Washington sein Zukunftskonzept über Operationen der US-Streitkräfte vor. Das „Capstone Concept for Joint Operations (CCJO)“ enthält die Leitlinien für einen schnelleren und integierteren Streitkräfteeinsatz in der nahen Zukunft. Bei der Vorstellung des Konzepts wurde betont, dass die Welt auf der einen Seite zwar im Allgemeinen sicherer geworden sei, auf der anderen Seite jedoch „gefährliche Technologien“ an eine Vielzahl ungleicher Feinde gelangen könnten.

Mit dem Konzept wollen die US-Streitkräfte flexibel und schnell reagieren können, um bei den immer schneller ablaufenden und unübersichtlicher werdenden Ereignissen die Initiative übernehmen zu können. Dazu sei es notwendig, die Streitkräfte einsatzspezifisch und streitkräfteübergreifend, auch über die bisherige geografische Aufteilung (z.B. US-European Command) oder die funktionalen Aufgabenbereiche (z.B. US Cyber Command) hinaus, zusammenzustellen. General Flynn, Direktor der Abteilung für „Joint Force Development“ des US-Generalstabs unterstrich die Wichtigkeit der Schnelligkeit: „Wir wollen in einer Position sein, in der wir die Gangart von Operationen und das Tempo bestimmen.“

Ein weiteres Bestimmungsmerkmal des neuen Konzepts ist die Betonung von sogenannten „small-footprint“/„low-signature“-Fähigkeiten. Zu diesem Befähigungsspektrum für unauffällige bzw. verdeckte Operationen zählen Cyber- und Weltraum-Operationen, nachrichtendienstliche Tätigkeiten, Aufklärung und Überwachung sowie Operationen von Spezialeinsatzkräften.

Insbesondere der Einsatz von Spezialkräften ist das Herzstück der global agierenden und integrierten Streitkräfte. Die US-Streitkräfte hätten im vergangenen Jahrzehnt gelernt, die Spezialeinsatzkräfte bei Operationen in die allgemeinen Streitkräfte schlagkräftig einzubinden. Das Konzept bezeichnet dies als die Integration der „general purpose force“ und der „special operating force“. Das Konzept geht davon aus, dass die führende Rolle von Spezialeinsatzkräften weiter zunehmen wird, da diese flexiblen und weniger sichtbar agierenden Kräfte zur allgemeinen Effektivität beim Einsatz (im Verbund mit den regulären Kräften der US-Streitkräfte), zur strategischen Flexibilität und zur globalen Reaktionsschnelligkeit beitragen werden.