«

»

Kriegsszenario im Fernen Osten? Konventionelle Kriegskonzepte, kaum Spezialeinheiten

In einem möglichen Konflikt in den kommenden Jahren im asiatisch-pazifischen Raum werden unkonventionelle Spezialeinsatzkräfte eine untergeordnete Rolle spielen, sieht man einmal von dem Spezialverband der US-Marineinfanterie ab. Ein bewaffneter Konflikt zwischen China und den USA würde in erster Linie mit konventionellen Kräften geführt werden.

Ein Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und China im pazifischen Raum ist auf kurze Sicht unwahrscheinlich. Allerdings verschiebt sich seit einigen Jahren das Kräfteverhältnis innerhalb der ostasiatischen Sicherheitsarchitektur so, dass eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen der Weltmacht und regionalen Ordnungsmacht USA und der aufstrebenden Regionalmacht China möglich erscheint.

Das strategische Grundkonzept der US-Streitkräfte für Operationen im Falle eines bewaffneten Konfliktes mit China besteht im „AirSea Battle“(ASB)-Ansatz. Darunter verstehen die Streitkräfte der USA den integrierten Einsatz von Luft- und Seestreitkräften in allen kriegsrelevanten Bereichen (Luft, See, Land, Weltraum, Cyberspace) mit dem Ziel, die Bewegungs- und Handlungsfreiheit seiner Streitkräfte (für eine stabilisierende Präsenz oder für Offensivoperationen) zu erhalten. Damit wollen die USA den weltweit gestiegenen Fähigkeiten vieler asymmetrischer und symmetrischer Akteure begegnen, durch vergleichsweise günstige Militärtechniken den US-Kräften den Zugang zu geografischen Räumen und die Bewegungsfreiheit darin zu erschweren oder ganz zu verhindern. Diese Techniken bezeichnet man als A2/AD-Techniken (Anti-access/Area-denial). Das in den 1970er und 1980er Jahren entwickelte ASB-Vorgängerkonzept „AirLand Battle“ fokussierte damals auf einen zu gewinnenden Landkrieg gegen nach Westeuropa vorstoßende Truppen der Streitkräfte des Warschauer Paktes.

Die US-Streitkräfte betonen zwar, dass dieses an vielen Stellen vage, unausgereifte und allgemein gehaltene ASB-Konzept gegen keine konkrete Partei gerichtet sei, der politikstrategische Kerngedanke dahinter ist jedoch implizit ein Konflikt mit China, welches – gemäß dem Szenario – einen solchen Konflikt im pazifischen Raum und der sich überschneidenden Einflusszonen beginnen würde (siehe Karte dazu hier). Die USA fokussieren seit Jahren ihre Militärstrategie auf die stärker werdende Regionalmacht China, was das Stationierungskonzept, mit dem China im Pazifik halbkreisförmig umgeben wird, und die intensivierte Militärkooperation mit südasiatischen Staaten zeigt.

Treffen bei einer Anti-Piraten-Übung im Verantwortungsbereich der 5.US-Flotte im Golf von Aden: Lt. j.g. (Juniorgrade) Jeffrey Fasoli spricht am 25. August an Bord des Zerstörers „USS Mason“ mit Angehörigen der Chinesischen Volksbefreiungsarmee (Marine) vom Zerstörer „Harbin“ während eines Besuchs im Rahmen einer Übung von Durchsuchungs- und Sicherungsaktionen. Bild: U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist 1st Class Gary M. Keen. Bildlizenz

Treffen bei einer Anti-Piraten-Übung im Verantwortungsbereich der 5.US-Flotte im Golf von Aden: Lt. j.g. (Juniorgrade) Jeffrey Fasoli spricht am 25. August an Bord des Zerstörers „USS Mason“ mit Angehörigen der Chinesischen Volksbefreiungsarmee (Marine) vom Zerstörer „Harbin“ während eines Besuchs im Rahmen einer Übung von Durchsuchungs- und Sicherungsaktionen. Bild: U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist 1st Class Gary M. Keen. Bildlizenz

Viele asiatische Staaten kooperieren mit den USA, weil sie den Machtzuwachs Chinas und den immer offensiver werdenden Expansionsdrang Chinas fürchten. Mittel- und langfristig ist ein bewaffneter Konflikt in dieser Region möglich und auch wahrscheinlich, weil China in den Territorialkonflikten mit Japan, mit den Philippinen, mit Vietnam und im Konflikt mit Taiwan immer aggressiver auftritt. Die immensen Rüstungsanstrengungen Chinas in den vergangenen Jahren und der Ausbau der Flotte – insbesondere mit Flugzeugträgern – dienen pessimistischen Einschätzungen nach dazu, diese maritimen Kapazitäten zur gewaltsamen Durchsetzung nationalistischer Ziele einzusetzen.

Die US-Streitkräfte kooperieren neben Südkorea und Japan, wo sich die wichtigsten Stützpunkte in Asien befinden (s. Karte), mit den Philippinen, Thailand, Taiwan, Malaysia, Indien, Indonesien, Sri Lanka, Singapur, Neuseeland, Australien und Palau. Die Zusammenarbeit und das Zusammenwirken der Streitkräfte wird in erster Linie durch regelmäßige Großmanöver (K-ISOM meldete dies) sichergestellt. Die USA beabsichtigen bis zum Jahr 2020 60 Prozent ihrer Marinestreitkräfte und 60 Prozent ihrer Luftwaffen-Kräfte im asiatisch-pazifischen Raum zu stationieren.

Ein möglicher Kriegsanlass zwischen den beiden Mächten wäre ein chinesischer Angriff auf Taiwan. In einem möglichen Szenario würden die chinesischen Streitkräfte darauf abzielen, die US-Flotte – insbesondere die entscheidenden Flugzeugträger – anzugreifen (hier ein mögliches Szenario eines solchen Krieges). In der Krise von 1996, in der eine Invasion Taiwans nicht ausgeschlossen werden konnte, entsandten die USA zwei Flugzeugträger in die Meeresstraße zwischen China und Taiwan, um China von einer Landung abzuschrecken.

Die hohen Rüstungsausgaben Chinas der letzten Jahre, die zwischen 2003 und 2012 um 175 Prozent angestiegen sind auf ein geschätztes Verteidigungsbudget von 166 Mrd. US-Dollar, und die Entwicklung moderner Waffensysteme wie das ‚Stealth‘-Kampfflugzeug J-31 unterstreichen die Gegenmachtbildung gegenüber den USA. Das deutlichste Zeichen der maritimen Vorfeldsicherung durch die chinesischen Marinestreitkräfte ist der Aufbau einer Flugzeugträgerflotte. Über den gerade in der Erprobung befindlichen ersten Flugzeugträger (Video) hinaus kündigte China den Bau weiterer Träger an.

Eine mögliche kommende Auseinandersetzung wird daher konventioneller Natur sein. In der chinesischen Doktrin spielen Spezialeinheiten noch keine große Rolle wie bei den Streitkräften der USA, da chinesische Streitkräfte nicht weltweit in Kampfeinsätzen eingesetzt werden. Dennoch hätten chinesische Spezialeinheiten im Kriegsfall (z.B. mit Taiwan) zentrale, strategisch unterstützende Aufgaben. So würden sie im Falle eines Krieges, ähnlich den Aufgaben der sowjetischen Speznaz, zum einen das Führungspersonal und die Führungseinrichtungen ausschalten (siehe diese K-ISOM-Meldung und diese hier). Zum anderen ist Sabotage und Fernaufklärung hinter den feindlichen Linien eine zentrale Aufgabe. Bei der Ausbildung wird deshalb besonderen Wert auf verschiedenste Infiltrationstechniken gelegt. Da die chinesischen Streitkräfte seit 1979 in keine Kampfhandlungen mehr verwickelt waren, gehen Expertenmeinungen dahin, dass Chinas Spezialkräfte erst am Anfang ihrer Entwicklung stehen.

 

Weiterführende Informationen: