Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat sich Ende März offiziell beim türkischen Premierminister Erdogan für den Tod von neun türkischen Staatsbürgern an Bord des türkischen Schiffes „Mavi Marmara“ vor drei Jahren entschuldigt. Bei der Erstürmung des Schiffes sei es zu „operationellen Fehlern“ gekommen. Die Kontaktaufnahme zwischen den beiden Ministerpräsidenten kam unter Vermittlung des US-Präsidenten Obama zustande, der zu diesem Zeitpunkt gerade Israel besuchte.
Im Mai 2010 enterten israelische Spezialkräfte das unter türkischer Flagge in Richtung Gaza-Streifen fahrende Kreuzfahrtschiff „Mavi Marmara“, welches die israelische Seeblockade des Gaza-Streifens durchbrechen wollte. An Bord waren neben Hilfsgütern viele pro-palästinensische Aktivisten. Nach dem sich israelische Soldaten vom Hubschrauber auf das Schiff abseilten, und teilweise von den Aktivisten mit Eisenstangen geschlagen und überwältigt werden konnten, wurden im Verlauf der Eigensicherung und der Sicherung des Schiffes durch die Spezialkräfte neun türkische Staatsbürger durch die israelischen Soldaten getötet.
Ein Untersuchungsbericht in Israel kritisierte das Vorgehen der israelischen Regierung: der Angriff sei vorschnell und ohne Erwägung von Alternativen befohlen worden und die Risikobewertung des Einsatzes sei unzureichend gewesen. Die israelische Armee beging nach eigenen Angaben zwar Fehler bei dem Einsatz, dennoch sei der Einsatz von Gewalt „maßvoll und gerechtfertigt“ gewesen.
Seit dem Vorfall kühlte sich das israelisch-türkische Verhältnis deutlich ab. Aus israelischer Sicht war die enge militärische Kooperation mit dem NATO-Staat Türkei von strategischer Bedeutung in der Region. Dabei nutzte vor allem die israelische Luftwaffe den türkischen Luftraum für Übungsflüge.
Bei der Spezialeinheit, die die Erstürmung durchführte, handelte es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um die „Shayetet 13“; der Name der Einheit wird in den meisten Berichten allerdings nicht genannt. Bei der „Shayetet 13“ – in etwa: „Flotilla 13“ – handelt es sich um die Einheit der israelischen Marine für maritime Spezialoperationen, vergleichbar mit den US Navy SEALs.
Kritik an der Entschuldigung der israelischen Regierung wurde von Seiten der Kommandosoldaten laut, die an der Erstürmung teilnahmen. Einem Bericht der „Times of Israel“ nach sagte einer der Kommandosoldaten, dass er nicht das Gefühl habe, dass die Einheit an Bord etwas falsch gemacht hätte. „Wir haben nichts gemacht, wofür wir uns entschuldigen müssten“ sagte der Soldat „N.“, dessen Klarname geheim gehalten wird. Auch ein weiterer Angehöriger der Einheit – „S.“ – betonte, dass man sich in einem „Gefecht“ befunden habe, in dem man „kämpft“ und sie daher nichts Falsches getan hätten. Kommandosoldaten berichteten unmittelbar nach dem Vorfall, dass die Aktivisten auf dem Schiff mit Eisenstangen, Äxten und sonstigen Schlagwerkzeugen auf die Soldaten gewartet hätten. Die ersten Soldaten wären sofort verletzt worden, einer wäre durch eine Schusswunde außer Gefecht gesetzt gewesen.
Die Soldaten können nach eigenen Angaben verstehen, dass durch die Entschuldigung des Premierministers der türkisch-israelische Streit beigelegt wird, betonen aber, dass die Einheit nun wieder das tun sollte, was am wichtigsten sei: aus den Schlagzeilen verschwinden und zur Verschwiegenheit zurückkehren.
Weiterführende Informationen: Hintergrundbericht mit Video hier.