Die beiden radikalislamischen Terroristen, die seit Mittwoch von der Polizei in Frankreich gesucht wurden, sind bei einem Zugriff am Freitag getötet worden. Ihre Geisel ist frei. Die Spezialeinheit GIGN stürmte den Ort der Geiselnahme, eine Druckerei, dabei wurde ein Angehöriger der Einheit verletzt. Das nachfolgende Video zeigt den Ort des Zugriffes.
Die Explosionen und Schusswechsel sind in diesem Video zu hören bzw. zu sehen.
Einige Spezialeinsatzkräfte besteigen während des Schusswechsels ihren Spezialwagen, der das Eindringen in ein Haus bei einem Zugriff über mehrere Ebenen erlaubt.
Beginn der Terrorwelle am Mittwoch
Die bewaffneten Attentäter erschossen am Mittwochvormittag in den Redaktionsräumen der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ und auf der Flucht in Paris 12 Menschen, verletzten 11 weitere.
Zwei Attentäter drangen während der Redaktionskonferenz in die Büroräume vor und eröffneten das Feuer. Die Redaktion verfügte über eine Geheimadresse, war durch Sicherheitstechnik geschützt und der Chefredakteur verfügte über Personenschützer. Übereinstimmenden Zeugenaussagen zufolge lag dieser Tat ein islamistischer Hintergrund zugrunde. Zeugen berichten von „Allah akbar“-Rufen und davon, dass sie gerufen haben sollen, dass sie „den Propheten gerächt“ hätten.
Den Ablauf der Ereignisse hat Spiegel Online hier und die FAZ hier zusammengetragen. Auf der Flucht haben sie mehrfach den Wagen gewechselt. Die mit Sturmmasken ausgerüsteten Täter konnten bisher nicht gestellt werden. Dringend Tatverdächtig sind die polizeibekannten und im Sommer letzten Jahres aus Syrien zurückgekehrten Brüder Cherif Kouachi (32) und Said Kouachi (34). Der jüngere der Brüder wurde bereits vor 10 Jahren in einer französischen TV-Dokumentation über den Dschihadismus gezeigt.
Ermordung eines wehrlosen Polizisten
Auf ihrer Flucht in einem Kleinwagen überfuhren sie einen Passanten und überfielen einen anderen Autofahrer. Davor beschossen sie einen Polizeiwagen. Einen bereits am Boden liegenden, verwundeten und beide Hände hebenden Polizisten erschossen sie mit einem Kopfschuss ihrer AK-47 (Kalaschnikow) im Vorbeirennen. Bei dem Polizisten handelte es sich um den 42-jährigen Ahmed Merabet. Die Bilder dieses Vorfalls finden sich hier.
Das Bildmaterial deutet darauf hin, dass die Männer sich professionell auf diese Mordanschläge vorbereitet hatten. Ausrüstung und Waffenhandhabung deuten auf im Umgang mit Waffen trainierte bzw. erfahrene Kämpfer hin. Der auf dem Boden liegende Polizist wurde aus nächster Nähe, im Vorbeirennen mit einem einzigen Schuss in den Kopf getötet.
Die mit dem deutschen Satiremagazin „Titanic“ vergleichbare französische Zeitung „Charlie Hebdo“ veröffentlichte 2013 ein Comic-Sonderheft über das Leben des islamischen Propheten Mohammed. Bereits 2011 verübten unbekannte Täter einen Brandanschlag auf die Redaktion. 2006 gehörte die Zeitschrift zu den wenigen, die die Mohammed-Karikaturen aus Dänemark nachdruckten, die damals in der arabisch-islamischen Welt für Unruhen sorgten.
Für den Großraum Paris ist die Terrorwarnstufe auf „Anschlagsalarm“ erhöht worden. Polizei und Streitkräfte haben den Schutz öffentlicher Plätze und Gebäude verstärkt. In der Nacht zum Donnerstag nahmen Spezialeinsatzkräfte der französischen Polizei, vermutlich RAID (Recherche, Assistance, Intervention, Dissuasion), Verdächtige im nord-französischen Reims fest. Das nachfolgende Video zeigt die Polizisten vor dem Haus.
Dieses Video zeigt ähnliche Aufnahmen sowie einen kurzen Überblick der Geschehnisse bei einer Durchsuchung.
K-ISOM berichtete im Oktober 2014 über die Vorbereitungen von RAID und GIGN auf solche Szenarien. GIGN steht für Groupement d’Intervention de la Gendarmerie Nationale. Es handelt sich um die Spezialeinheit der paramilitärischen Gendarmerie, die dem Verteidigungsministerium unterstellt ist.
Die Einheit RAID gehört zur französischen Nationalpolizei, die dem Innenministerium untersteht. Seit dem 31. Juli 2009 werden die verschiedenen Polizeieinheiten des Innenministeriums operativ in der FIPN (Force d’Intervention de la Police Nationale) gebündelt. Neben RAID gehören dazu BRI und GIPN (Groupes d’Intervention de la Police Nationale). Eine ausführliche Videodokumentation (französisch) über Auswahl und Einsätze von RAID findet sich hier; das offizielle Video über GIPN findet sich hier.
Donnerstag: Polizisten in Paris in Hinterhalt gelockt – BRI im Einsatz
Donnerstagmorgen sind in Paris weitere Polizisten hinterrücks mit Sturmgewehren angegriffen worden, die zu einem Verkehrsunfall gerufen worden waren. Eine Polizistin erlag ihren Verletzungen. Laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ soll vor Ort die Polizeieinheit BRI im Einsatz sein.
Die Aufgaben der BRI (Brigade de recherche et d’intervention, Fahndungs- und Interventionsbrigade) sind Überwachungen, Beschattungen, Identifizierungen, Beweissicherungen sowie Einsätze bei Hochrisikolagen, also Festnahmen von Gewaltverbrechern und bei Geisellagen. Das nachfolgende Video zeigt die BRI bei einer Übung vor wenigen Jahren.
Die folgenden Videoaufnahmen zeigen die Vorbereitungen einer Spezialeinheit in Paris. Die Aufnahmen entstanden vermutlich am Ort des zweiten Anschlages in Paris. Verdächtige im Fall der getöteten Polizisten sind am Freitagvormittag festgenommen worden. Nach bisherhigen Erkenntnissen kannten die Verdächtigen des Polizistinnenmordes die Hauptverdächtigen im Fall des Terroranschlages auf die Satirezeitschrift.
RAID und GIGN suchten die beiden Hauptverdächtigen
Die beiden Hauptverdächtigen des Anschlages auf die Zeitung waren rund 80 km nordöstlich von Paris gesichtet worden. Danach durchsuchten die Einheiten RAID, GIPN, BRI und GIGN am Donnerstag Haus für Haus. Verschiedene Fotos und Videobilder unterschiedlicher Privatpersonen und Medienvertreter zeigen Angehörige aller genannten Einheiten, z.B. hier, hier. Das nachfolgende Video zeigt Einsatzkräfte der BRI.
GIGN: Zugriff nach Geiselnahme
Freitagvormittag nahmen die beiden Hauptverdächtigen in der Nähe des Pariser Flughafens „Charlles de Gaulle“ Geiseln in einem Industriegebiet. Ihnen gelang trotz hohem Fahndungsdrucks am Vortag die Flucht aus einem abgesperrten Gebiet.
Während der Einsatzvorbereitungen filmten nahe TV-Teams die Kräfte und den Ort der Geisellage. Die GIPN bat Journalisten per Facebook, die Örtlichkeiten nicht zu filmen, um damit die genauen Standorte der Polizisten nicht öffentlich zu machen. Hier eine Bilderstrecke vor dem Zugriff. Gegen 17 Uhr am Freitagnachmittag erfolgte der Zugriff durch die GIGN.
Erbarmungsloses Vorgehen gegen Wehrlose
Der Anschlag reiht sich ein in einige spektakuläre Anschläge und Geiselnahmen von radikalislamischen Attentätern gegen sogenannte ‚weiche Ziele‘, also ungeschützte oder nur leicht geschützte Ziele:
- 2008 hielten radikalislamische Terroristen die indische Metropole Mumbai mit Sprengstoffanschlägen, Geiselnahmen und wahllosen Tötungen in Atem,
- 2013 überfielen islamistische Terroristen in Kenia ein Einkaufszentrum und verübten Bombenschläge auf den Boston-Marathon
- Ende 2014 nahm ein Islamist Geiseln in einem Café im australischen Sydney
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