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SAS-Spekulationen: Britischer Special Air Service im Untergrundkrieg gegen den Islamischen Staat

Im Kampf gegen den selbsternannten „Islamischen Staat in Syrien und im Irak“ führte der britische Special Air Service (SAS) in den letzten Monaten nach unterschiedlichen Medienberichten mehrere Spezialoperationen durch.
Wie die britische Zeitung „Express“ im Sommer berichtete, unternehmen rund 120 SAS-Angehörige verdeckte Aufklärungs- und Direct Action-Missionen gegen IS-Waffen- und Munitionslager im östlichen Syrien, getarnt als verkleidete IS-Kämpfer in zivilen Pick-Up-Trucks. Nach Zeitungsangaben arbeiten sie mit schätzungsweise 250 britischen Unterstützungskräften zusammen.

Falle für den SAS, Falle des SAS

Ende September geriet ein SAS-Trupp in einen Hinterhalt. Kurz nach dem Überschreiten der Grenze Syriens vom Irak aus gerieten sie unter Feuer aus verschiedenen Positionen. Wahrscheinlich war ein geplantes Treffen mit syrischen Kontaktleuten eine sorgfältig vorbereitete Falle. Dies berichtet der „Daily Star“. Dem Bericht zufolge soll ein SAS-Trooper beim Ausschalten von sechs Angreifern in einem Gebäude ein Shotgun-Modell benutzt haben, das auch im folgenden Video zu sehen ist.

Es soll die erste Bewährung im Kampfeinsatz für diese SAS-Shotgun gewesen sein. Später gelang es dem Einsatztrupp, sicher in den Irak zurückzukehren.

Bei einem weiteren Einsatz legten angeblich SAS-Angehörige mit Hilfe von „Dummies“ – lebensgroße Menschenattrappen – einen nächtlichen Hinterhalt, um IS-Kämpfer anzulocken. Einige legte man hin, um Schlafende zu simulieren. Andere stattete man mit Waffen aus. Um die echt wirkenden „Dummies“ – die Peschmerga-Kämpfer darstellen sollten – herum legten sie in der Nähe des Euphrats einen Hinterhalt. Stunden später beschossenen IS-Kämpfer die vermeintliche Peschmerga-Position. Daraufhin beschoss das SAS-Team die angreifenden IS-Milizen. Der Zeitungsbericht zitiert einen britischen Offizier mit den Worten: „Manchmal musst du denken wie der Feind, um den Feind zu besiegen.“

SAS-Sniper und der Tod des IS-Henkers kurz vor der Köpfung?

Die britische Boulevardzeitung „Daily Star“ berichtete im August von einem Vorfall in Syrien. Ein Scharfschütze des SAS soll im Juli aus großer Distanz einen Vater und seinen achtjährigen Sohn vor den Henker gerettet haben. Der SAS-Angehörige habe den bereitstehenden IS-Henker erschossen, kurz bevor er die beiden hinrichten konnte. Die Zeitung beruft sich auf Quellen der britischen Streitkräfte.
Irakische Kontaktmänner hätten der Einheit von einer bevorstehenden Hinrichtung in einem Dorf erzählt. Dort wollte der radikal-sunnitische IS die schiitische Familie als Abtrünnige töten. Außer dem Henker sollen zwei weitere Milizionäre des selbsternannten Islamischen Staates bei dem SAS-Angriff getötet worden sein. Die Schussabgabe soll aus rund 1.000 Metern erfolgt sein. Man entschied sich für den riskanten Einsatz des SAS, nachdem ein Drohnenangriff wegen der Anwesenheit von Zivilisten auf dem Dorfplatz nicht durchführbar erschien, berichtete der britische „Express“.

Zwar werden reale Einsätze oder Spekulationen über Operationen weder kommentiert noch dementiert. Aber die mehrrollenfähigen SAS-Spezialkräfte sind im Allgemeinen für begrenzte Offensivaktionen oder auch die Raum- und Zielaufklärung prädestiniert. Auch andere westliche Staaten haben bereits ihre Spezialkräfte eingesetzt, wie K-ISOM hier und hier berichtete. Bereits im letzten Jahr berichtete K-ISOM über einen möglichen SAS-Einsatz gegen den Islamischen Staat.
Während die eingesetzten kanadischen Spezialkräfte nach offiziellen Aussagen rein defensiver Natur sind (Ausbildung und Beratung), agieren die „Delta“-Spezialkräfte des US-Heeres sowie der SAS aggressiver und offensiver. Bei der „Kill-or-Capture“-Mission im Mai gegen ein hochrangiges Führungsmitglied des IS, Abu Sayyaf, soll der SAS den Zugriff der „Delta“-Operators unterstützt haben, wie die britische Zeitung „Telegraph“ hier beschreibt. Demnach sollen sie den Einsatz der US-Amerikaner durch einen Aufklärungseinsatz vorbereitet haben. Dabei, so die Zeitung weiter, hätten sie sogar US-Uniformen getragen.

Überlastung und Unterausstattung des SAS?

Die meisten aktuellen Geschichten über den britischen Special Air Service lassen sich nicht unabhängig nachprüfen. Die britische Regierung gibt zu der Einheit grundsätzlich keinerlei Stellungnahmen ab, bestätigt nicht einmal offiziell die Existenz des SAS. Auf der Internetseite der Streitkräfte finden sich aber die Beschreibung der Reserveeinheiten des Special Air Service-Regiments. Bei der Darstellung der Unterstützungskräfte – der Special Forces Support Group – nennt man aber eindeutig den SAS: „Die SFSG bildet die spezielle infanteristische Unterstützung für Spezialkräfte, wie dem SAS, überall auf der Welt“ (s. hier).

Eben jene Einsätze in aller Welt führten zu einer hohen Belastung des SAS. Zum einen führte die Einsatzbelastung in den bewaffneten Auseinandersetzungen im Irak und in Afghanistan zu einer Unterausstattung der Einheiten, wie bereits vor Jahren übereinstimmend britische Zeitungen berichteten. Zum anderen lag die Unterausstattung auch an der mangelnden Vorbereitung von Rekruten auf die auf die Aufnahmetests. Diese Anforderungen wurden gelockert, nachdem im Jahr 2013 bei einem Gepäckmarsch drei Bewerber an verschiedenen Stellen der Route an Überhitzung verstarben (K-ISOM meldete dies hier; mehr dazu hier und hier). Schnell verdoppelte sich aufgrund der Reduzierung der Anforderungen die Anzahl der erfolgreichen Bewerber von 20 (ausgewählt aus 250 Anfang 2013) auf 46 (Anfang 2014), berichtete die „Daily Mail“.

Cameron: Mehr Spezialeinheiten, mehr Anti-Terror-Fähigkeiten

Der britische Premierminister Cameron forderte im Juli von seinen Streitkräften, im Streitkräftehaushalt mehr für „schnell verlegbare Anti-Terror-Fähigkeiten“ auszugeben. Konkret forderte Cameron mehr „Spionageflugzeuge, Drohnen und Spezialkräfte“. Er habe „in den letzten fünf Jahren erlebt, wie wichtig diese Aktivposten sind, um uns zu sichern.“ Die ganze Pressemitteilung Camerons findet sich hier. Erst im Jahr 2013 gab es Überlegungen, den Spezialeinheiten der Streitkräfte die Mittel zu kürzen, wie K-ISOM hier berichtete.
Die Spezialeinsatzkräfte bzw. Spezialkräfte Großbritanniens bestehen zurzeit aus folgenden Einheiten bzw. Verbänden:
– 22 Special Air Service Regiment,
– Special Boat Service,
– Special Forces Support Group (SFSG) mit Einheiten der Fallschirmjäger, Royal Marines und dem 2005 neu aufgestellten Special Reconnaissance Regiment,
– 18 Signal Regiment,
– Joint Special Forces Aviation Wing.

Nach Zeitungsangaben sollen sich Einsatzkräfte des SAS und des SBS auch wieder aktiv in Anti-Terror-Operationen in Afghanistan eingeschaltet haben.
Ein ehemaliger SAS-Angehöriger berichtete kürzlich für Sky News von der Front gegen den IS. Die kurze Video-Reportage findet sich eingebettet in diesem Bericht. Seine skeptische Einschätzung über die derzeitige Militärstrategie gegen den Islamischen Staat gibt er in einem Fernsehinterview preis:

[ej]