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Das letzte Gefecht des IS? Spezialeinheiten im Straßen- und Häuserkampf in Mossul

Ein Mitglied der irakischen Spezialeinsatzkräfte bereitet sich während eines Trainings der „Combined Joint Special Operations Task Force Iraq“ der in Bagdad am 17. April 2017 auf den Kampf gegen die Kräfte des „Islamischen Staates in Irak und Syrien“ vor. Bild: US Dept. Of Defense/Navy/Chief Petty Officer Brandon Raile

Der bewaffnete Konflikt gegen die Terror- und Aufstandsbewegung „Islamischer Staat“ in Syrien und Irak geht in seine letzte Phase. Unterstützt von Streitkräften aus den USA, Russland, Frankreich, Kanada und vielen weiteren Staaten dringen lokale Milizen und Streitkräfte in die ehemaligen Hochburgen der IS-Terrormiliz vor. Das nordirakische Mossul steht vor dem Fall, das im Westen Syriens gelegene Raqqa wird angegriffen. An vorderster Front dabei sind Spezialeinheiten der westlich geführten Anti-IS-Koalition.

Spezialeinheiten erobern Haus um Haus in Mossul

In den seit Oktober andauernden Gefechten um die Stadt Mossul konnten irakische Spezialkräfte ein wichtiges Viertel der Altstadt einnehmen, sagte ein Sprecher der irakischen Streitkräfte. Man vermutet noch ca. 350 IS-Kämpfer in der Stadt, so dieser Bericht mit einer beeindruckenden Fotostrecke aus der umkämpften Stadt (eines der Bilder zeigt auch US-Militärberater an vorderster Front).

Der stellvertretende Kommandeur der Anti-IS-Koalition, der britische Generalmajor Rupert Jones, erklärte, dass die IS-Kräfte in dem Häuserkampf „um ihr Überleben“ kämpfen. Daher sei ihre Fähigkeit zu planvollen Angriffen und deren Ausführung auf ein Minimum geschrumpft, so Jones weiter.

Nach Angaben der Spezialeinheiten der irakischen Streitkräfte ist der IS in Mossul geschlagen und der Auftrag der Einheiten erfüllt. Sie stünden aber bereit, um die regulären Kräfte noch im Kampf gegen die letzten IS-Stellungen in der Altstadt unterstützen, so ein Zeitungsbericht des britischen „Independent“. Eindrücke aus der umkämpften Stadt und von befreiten Zivilisten geben die folgenden Videoberichte von „Vice News“ vom 22. Juni und von „Sky News“ vom 26. Juni.

Video 1:

K-ISOM berichtet seit Jahren über Spezialeinheiten und die Kämpfe gegen den selbsternannten „Islamischen Staat“, zum Beispiel hier, hier, hier, hier und hier.

Video 2:

 

Irakische Spezialeinheiten

Im vergangenen Jahr schätzte man die Stärke des IS in der Stadt auf 3.000 bis 8.000 Kämpfer. Sie waren der Hauptgegner der wichtigsten Einheit auf dem Boden: des irakischen CTS. Beim Counter Terrorism Service (CTS) handelt es sich um eine auf Anti-Terror-Operationen, Aufstandsbekämpfung und Orts- und Häuserkampf spezialisierte Einheit der Streitkräfte. Sie verfügt über eine Soll-Gesamtstärke von rund 12.000 Soldaten, gegliedert in drei Special Operations Forces-Brigaden. Ein früherer Spitzname der 1. Brigade war die „Goldene Brigade“. Mittlerweile bezeichnet man die ganze Einheit als „Goldene Division“. 2014 war es der einzige Großverband, der beim überraschenden Vormarsch der IS-Kämpfer nicht in Panik zurückzog.

Einblicke in Iraks Spezialeinheiten gewähren die folgenden beiden Videos. Im ersten Video scheint es sich um eine öffentlichkeitswirksame und gleichermaßen martialische Vorführung von Rekruten zu handeln.

Video 3: Offizielles Video einer Vorführung auf einer Brücke in Bagdad

Video 4 : Spiegel TV bei Iraks „Goldenen Division“

 

Polizeieinheiten der irakischen Bundespolizei sichern eine Straße im westlichen Teil der Stadt Mossul, Irak, am 2. März 2017. Bild: US Dept. of Defense/Army/Staff Sgt. Jason Hull

Gezielte Tötungen? Jagd auf Foreign Fighters

Der Kommandeur des französischen Führungskommandos für Spezialeinsatzkräfte (COS – Commandement des opérations spéciales), Vize-Admiral Laurent Isnard, hat Presseberichte zurückgewiesen, wonach französische Spezialkräfte in der Schlacht um Mossul gezielt nach Franzosen suchen, die für den IS kämpfen. „Wir suchen nicht nach speziellen Zielen. Das macht keinen Sinn“, sagte Isnard zu den Behauptungen.

Wie das „Wall Street Journal“ vor Wochen berichtete, unterstützen COS-Kräfte und der französische Nachrichtendienst die Iraker mit den Namen und Fotos von französischen Staatsbürgern in den Reihen des IS. Insbesondere die höherrangigen IS-Kämpfer sollten gefunden und getötet werden.

Unabhängig von der Richtigkeit der Vorwürfe bzw. der zweifelhaften Rechtmäßigkeit eines solchen Vorgehens, scheint die Absicht der französischen Streitkräfte plausibel. Gerade Frankreich ist in den letzten Jahren von radikalislamischen Anschlägen heimgesucht worden. Hinzu kommt die Gefahr, dass IS-Kämpfer (Foreign Fighters) nun mit Anschlagsplänen in ihre Heimat Frankreich zurückkehren könnten.

IS-Hauptstadt Raqqa vor dem Fall

In der letzten IS-Hochburg im Bürgerkriegsland Syrien, Raqqa, finden ebenfalls erbitterte Straßenkämpfe statt. Dort dringen von den USA unterstützte Milizen weiter auf das Gebiet der inoffiziellen IS-Hauptstadt vor.

Video 5:

Die letzte Phase des Kampfes gegen die Kämpfer des „Islamischen Staates“ wird aller Voraussicht nach in den südlichen und östlichen Gebieten Syriens stattfinden. Brisant ist, dass in dieser Region die Luft- und teilweise auch die Landstreitkräfte der USA, Russlands, Syriens, Irans, dazu die jeweils von ihnen unterstützten Milizen – darunter die Hisbollah aus dem Libanon – und die IS-Kämpfer aufeinandertreffen könnten.

Das selbsternannte Kalifat des „Islamischen Staates“ wird durch die Territorialverluste mit hoher Wahrscheinlichkeit in den kommenden Wochen und Monaten aufhören zu existieren. Ein Kommentar der „Neuen Zürcher Zeitung“ bringt das Dilemma des militärischen Sieges allerdings auf den Punkt: Das Kalifat lässt sich militärisch besiegen, der IS wird als Terrororganisation aber weiterhin bestehen.

[ej]