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Mali: Bundeswehr-Mission zwischen Ausbildungshilfe und hilflosem „Mission Creep“?

Die Bundesregierung hat heute über die Entsendung von Soldaten nach Mali entschieden. Mit zwei unterschiedlichen Mandaten sollen insgesamt bis zu 330 Soldaten in das westafrikanische Krisen- und Kriegsgebiet entsandt werden dürfen. Ein Teil der Bundeswehr-Soldaten wird an der EU-Ausbildungsmission für die malische Armee teilnehmen. Sie soll mit dieser Ausbildungshilfe in die Lage versetzt werden, Mali zu stabilisieren. Der andere Teil (bis zu 150 Mann) der deutschen Soldaten dient dem Lufttransport sowie der Luftbetankung für französische Flugzeuge (Hintergründe hier). Nach Bundeswehr-Angaben verlegte bereits am 13. Februar ein 14-köpfiges Erkundungsteam nach Mali, um die infrastrukturellen Gegebenheiten in Augenschein zu nehmen.

Die EU-Ausbildungsmission wurde gestern beschlossen. An ihr sollen in den kommenden 15 Monaten insgesamt rund 500 Soldaten aus 20 EU-Staaten teilnehmen. Das Ziel der Mission ist es, die malischen Streitkräfte in die Lage zu versetzen, eigenständig gegen die Dschihadisten vorgehen zu können bzw. das Land vor dem Zerfall zu bewahren. Ein Kampfeinsatz für die EU-Soldaten ist nicht vorgesehen.

Die Pläne für eine militärische Zusammenarbeit mit der Regierung Malis waren lange geplant, nahmen aber erst nach der französischen Intervention in Mali Anfang Januar konkrete Gestalt an. Die französischen Streitkräfte eroberten den Norden des Landes schnell von den islamistischen Rebellen zurück (K-ISOM berichtete). Die schnellen Anfangserfolge der französischen Armee basierten auf der französischen Luftwaffe (Video) und den Bodentruppen. Letztere bestanden vornehmlich aus französischen Spezialkräften, Einheiten der Fremdenlegion und Marineinfanteristen (Übersicht über den Verlauf der Operation hier).

Die Gefahren der Intervention werden zum einen durch den Umstand verdeutlicht, dass sich Anfang Februar in der Hauptstadt Bamako rivalisierende malische Truppen ein Gefecht lieferten. Armeeeinheiten mit gepanzerten Fahrzeugen umstellten eine Kaserne der malischen Fallschirmjäger, den „roten Baretten“. Diese Eliteeinheit hatte sich vom Militärputsch im letzten Jahr distanziert, daher gab es Bestrebungen diese Fallschirmjäger-Einheit aufzulösen (mehr dazu hier). Zum anderen mehren sich die Anzeichen, dass die regierungsfeindlichen Dschihadisten nun vom unwegsamen Norden des Landes aus zu einer Guerillataktik und zu Selbstmordanschlägen übergehen, um eine direkte Konfrontation mit den französischen Kräften zu vermeiden.

Die deutsche Bundesregierung hat stets betont, dass man nicht aktiv an einem Kampfeinsatz teilnehmen wolle, aber durch die Ausbildungshilfe die afrikanischen Kräfte in die Lage versetzen wolle, den Norden Malis zu sichern und zu stabilisieren. Bei allen militärischen Interventionen des Westens in den vergangenen zwei Jahrzehnten kam es allerdings zu einer sogenannten „Mission Creep“ (in etwa: schleichende Veränderung einer Mission). Dabei handelt es sich um die (teilweise) nicht beabsichtigte oder allmähliche Tendenz der Führung, ein militärisches Eingreifen hinsichtlich der militärischen Anfangsziele und den dahinter stehenden politischen, wirtschaftlichen oder humanitären Zielen nach und nach während einer laufenden Operation durch neue Zielsetzungen zu erweitern – und damit letztlich eine Mission durch Überforderung zu gefährden (z.B. Libyen 2011). Vor einem solchen ‚Hereinrutschen‘ in einem militärischen Konflikt fürchtet sich insbesondere die Bundesregierung, obwohl insbesondere Verteidigungsminister De Maizière aufgrund der stärker gewordenen Führungsverantwortung Deutschlands mit mehr Auslandseinsätzen rechnet.

Die EU-Ausbildungsmission ist zwar zeitlich begrenzt, allerdings existieren Zweifel daran, ob die malischen Kräfte (teilweise mit Hilfe von westlichen Spezialkräften ausgebildet) und die heranzuführenden Kräfte anderer afrikanischer Streitkräfte schnell in der Lage sein werden, gegen die islamistischen Gruppierungen erfolgreich vorgehen zu können und damit eine indirekte Gefährdung Europas durch ein Rückzugsgebiet für Islamisten zu verhindern.

 

Weiterführende Informationen:

Unkommentierte Videoaufnahmen einer Luftlandeoperation der französischen Streitkräfte hier sowie von Spezialkräften bei der Einnahme eines Flughafens im Norden Malis hier.

Bundeswehr-Taschenkarte mit aktuellen Hintergrundinformationen über Mali hier.