Die Bedrohung durch militante Dschihadisten greift von Mali aus zunehmend auf andere Staaten Westafrikas über. Dabei gingen in den zurückliegenden Monaten insbesondere nicht nähere genannte Spezialeinheiten der französischen Streitkräfte bei verschiedenen Einsätzen gegen die Extremisten vor.
Bereits am Freitagmorgen, dem 24. Mai, beendeten nach Angaben der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 25. Mai nicht näher bezeichnete französische Spezialkräfte auf Bitten des Präsidenten Nigerias, Mahamadou Issoufou, eine Geiselnahme. Bei dem Zugriff sind nach Angaben des französischen Verteidigungsministers Jean-Yves Le Drian (Kurzinterview hier) mindestens zwei Terroristen getötet worden. Die Geiselnahme hatte am Tag zuvor mit einem Doppelanschlag begonnen: Bei einem Angriff der Islamisten auf eine militärische Einrichtung in der Stadt Agadez kam es zu der Geiselnahme. Bei den Geiseln soll es sich um nigrische Kadetten gehandelt haben.
Parallel dazu griffen die Dschihadisten ein Uranbergwerk eines französischen Nuklearkonzerns in der Stadt Arlit an (Videobericht hier). Ein Selbstmordattentäter hatte sich dort in die Luft gesprengt und mehrere Dutzend Menschen verletzt. Mehr als 20 Personen sollen bei den Anschlägen getötet worden sein, darunter nigrische Soldaten und ein nigrischer Angestellter des französischen Konzerns.
Nähere Angaben über den Verlauf der Geiselbefreiungsaktion gibt es bisher nicht. Französische Spezialkräfte sichern seit den Operationen in Mali auch die für Frankreich wichtigen Uranminen in Niger (K-ISOM bereits Ende Januar).
Nach verschiedenen Medienberichten waren an der Planung und Ausführung der Angriffe zwei islamistische Gruppierungen beteiligt: zum einen die „Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika (Mujao)“, zum anderen die Gruppe „Die mit Blut unterzeichnen“ unter Führung des berühmt-berüchtigten und mehrfach für tot erklärten Mokhtar Belmokhtar, auch der „Einäugige“ genannt (älterer Videobericht hier). Die Angriffe seien eine Reaktion auf die Intervention Frankreichs in Mali, so die Dschihadisten.
Frankreichs Präsident Hollande sagte, dass Frankreich in Niger nicht wie in Mali intervenieren werde, aber Frankreich die gleiche Bereitschaft zur Kooperation im Kampf gegen den Terrorismus habe.
Nach Einschätzung von General Christophe Gomart, dem Kommandeur von COS (Commandement des opérations spéciales – Führungskommando der französischen Spezialkräfte) wäre die Intervention in Mali ohne den Einsatz der COS-Spezialkräfte anders verlaufen. Die Soldaten hätten mit ihrer Luftbeweglichkeit, Flexibilität und Anpassungsfähigkeiten zum schnellen Erfolg der Wiedereroberung des Territoriums beigetragen. Dies sagte General Gomart in einem Interview. Bei den COS-Kräften habe es sich um „wahre Multiplikatoren der Leistungsfähigkeit“ gehandelt, so der General weiter. Die ersten Verluste der Intervention Frankreichs in Mali im Januar erlitten Spezialeinheiten (K-ISOM-meldete dies).
Angehörige der französischen Spezialeinsatzkräfte gehörten im Februar ebenfalls zu den ersten Soldaten, die Frankreich nach einer Geiselnahme einer französischen Familie im nördlichen Kamerun, in die Grenzregion zum Nachbarland Nigeria, entsandte, um bei der Suche nach den Geiseln zu helfen. Diese Geiseln wurden in der Zwischenzeit freigelassen. In Westafrika wurden in der jüngeren Vergangenheit mehrere französische Staatsbürger von diversen Gruppen mit einem islamistischen bzw. kriminellen Hintergrund entführt (Überblick hier).
Bei einer gescheiterten Geiselbefreiungsoperation des britischen Special Boat Service (SBS) im vergangenen Jahr starb eine britische Geisel (K-ISOM meldete dies) in Nigeria.
In Nigeria haben Anfang Juni dieses Jahres Spezialeinheiten der nigerianischen Streitkräfte ein für die Rekrutierung neuer Kämpfer verantwortliches Mitglied der militant-islamistischen Gruppierung „Boko Haram“ festgenommen.
Bei der Suche nach islamistischen Kämpfern und deren Anführern in der kaum zu überwachenden Sub-Sahara-Region setzen die USA nicht nur auf ihre nachrichtendienstlichen und militärischen Fähigkeiten, sondern auch auf Kopfgeld. Auf den „Einäugigen“ – bekannt auch unter dem Spitznamen „Mr. Marlboro“ – haben sie bis zu fünf Millionen Dollar Kopfgeld ausgesetzt.
Weiterführende Informationen:
– Hintergründe über die sicherheits- und wirtschaftspolitischen Interessen Frankreichs im nördlichen Afrika hier.
– Videobericht (französisch; ab Minute 12:07) über die SOFINS (Special Operations Forces Innovation Network Seminary) 2013 mit kurzem Interview mit General Gomart