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Israel bereitet sich auf Mehrfrontenkrieg vor: Terror, C-Waffen, Raketen, Vergeltung

Die Vereinigten Staaten werden Israel im Falle eines Angriffes auf Syrien wenige „Stunden“ zuvor über die Offensivoperationen in Kenntnis setzen, so ein nicht namentlich genannter hochrangiger Offizieller aus Israel. Der mögliche Angriff der USA und einiger Verbündeter soll Zeitungsberichten zufolge nun doch intensiver und länger dauern als ursprünglich geplant. Es ist davon auszugehen, dass syrische Streitkräfte oder die mit ihm verbündeten Gruppierungen wie Hisbollah im Libanon im Falle eines Angriffs israelische Ziele als Vergeltung angreifen. Der Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden, General Mohammad Ali Jafari, drohte Israel mit der Zerstörung, falls Syrien angegriffen würde. Bereits im Mai kam es zu einem Feuergefecht zwischen IDF-Einheiten und regulären Truppen Syriens auf den Golanhöhen.

Die israelischen Selbstverteidigungskräfte (IDF, Israel Defense Forces) haben sich in den letzten Monaten konzeptionell, ausbildungstechnisch, materiell und organisatorisch auf ein breit gefächertes Konflikt- und Kriegsspektrum unterschiedlichster Intensitäten vorbereitet. Angesichts der Krisenherde in Syrien und im Libanon, der Aktivitäten von Dschihadisten an Israels Nordgrenze (Golanhöhen) und an der Südgrenze (Sinai-Halbinsel) beobachten Israels Kräfte die Lage mit besonderen Aufmerksamkeit (Zeitungsbericht mit unkommentiertem Video der IDF). Militärische Aktivitäten zeigen die direkten und indirekten Vorbereitungen auf eine Vielzahl von Einsatzszenarien innerhalb und außerhalb der Grenzen Israels:

  • Israel hat in der Nähe von Jerusalem ein weiteres Raketenabwehrsystem des Typs „Iron Dome“ stationiert, so ein Zeitungsbericht.
  • Anfang September schossen vermutlich israelische Kräfte im östlichen Mittelmeer bei einer gemeinsamen Übung mit US-Streitkräften für Testzwecke einen Flugkörper ab (mehr dazu hier).
  • Im Juli gab die IDF bekannt, dass für den Kommandobereich Nord, der an den Libanon und an Syrien grenzt, angesichts der unübersichtlichen Lage in Syrien ein zweites Aufklärungsbataillon aufgestellt werden soll; die Hauptaufgabe ist die Feindaufklärung, insbesondere der nicht klar als Kombattanten erkennbaren Kämpfer der Gegenseite; mehreren Medienberichten zufolge bereiteten sich Tausende Hisbollah-Kämpfer bei größeren Übungen im Libanon auf mögliche Operationen vor, darunter nicht näher bezeichnete Spezialeinheiten der halbstaatlichen Miliz.
  • Im Mai dieses Jahres führte das Heimatschutzkommando Israels eine großangelegte mehrtägige, landesweite Übung durch, bei der ein Raketenangriff mit chemischen Kampfstoffen auf einen städtischen Ballungsraum simuliert wurde (Hintergründe hier, hier und hier).
  • Im Juni trainierte die Marine die Abwehr von mit Sprengstoff beladenen Fischerbooten auf hoher See.
  • Im August übten Einheiten bei einer Abschlussübung eines Ausbildungslehrgangs Geiselbefreiungsszenarien; diese werden in Israel ständig den Bedrohungslagen angepasst. Bereits im Juni gab es eine großangelegte Übung, bei der die Zusammenarbeit der verschiedenen Einheiten bei einer Geisellage an mehreren Orten trainiert wurde (Bericht und ein interessantes Interview auf Englisch mit dem Kommandeur der israelischen Antiterror-Einheit „Lotar“, die im Süden des Land stationiert sind).
  • Mitte August trainierten US-Marines zusammen mit Soldaten der israelischen Givati-Brigade in Israel den Häuserkampf, um die verschiedenen Erfahrungen der Kriegsführung in urbanen Räumen aus dem Irak, Afghanistan und aus den israelischen Operationen in Gaza auszutauschen (Bilder der Übung in diesem IDF-Bericht).
  • Im Juli übte eine IDF-Einheit den Kampf im bebauten und befestigten Gelände unter der Erde, also in unterirdischen Bunker- und Stellungssystemen. Nach Aussage eines Offiziers müssen die IDF-Einheiten darauf vorbereitet sein, bei einer Operation sowohl überirdisch in dichter Vegetation und urbanen Räumen als auch unter der Erde zu kämpfen. Ein solches Szenario ist realistisch bei möglichen Gefechten im stark befestigten Süd-Libanon und im Gaza-Streifen.

Die Streitkräfte Israels verfügen über mehrere Spezialeinheiten. Zu den Spezialkräften zählen in erster Linie die Sayeret Matkal, Shaldag und Shayetet. Die für die bewaffnete Luftrettung zuständige Einheit der Luftwaffe „669“ zählt ebenfalls dazu. Für Anti-Terroreinsätze, darunter in erster Linie Geiselbefreiungen, sind sowohl die Sayeret Matkal – als Spezialeinheit für Aufklärung, Direct Action und Kommandoeinsätze – als auch die Einheit der israelischen Polizei, Yamam, zuständig. Daneben existieren viele spezialisierte Verbände, die mit ihren spezifischen Fähigkeiten auf bestimmte mögliche Kampfschauplätze spezialisiert sind. Dazu zählen z.B. die Givati-Brigade (Operationsgebiet ist die Nähe zum Gaza-Streifen) oder die Golani-Brigade (Aufgabe: Verteidigung der Nordregion mit den Golan-Höhen).

Eine militärische Auseinandersetzung in der Region wird immer wahrscheinlicher, auch wenn die US-Regierung Syrien am Montag ein Ultimatum gestellt hat, seine Bestände an chemischen Kampfstoffen an die internationale Gemeinschaft zu übergeben (Hintergründe zu C-Waffen und möglichen Einsätzen von Spezialeinheiten in Syrien in der aktuellen Ausgabe der Kommando Nr. 5/2013).

Weiterführende Informationen:

  • Bilderstrecke über Vorbereitungen in Israel hier

  • Älteres Video der IDF einer Geiselbefreiungsübung der in Eilat stationierten Antiterror-Einheit „Lotar“ in einem Freizeit- und Vergnügungspark hier