Russland verstärkt nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim dort seine Streitkräfte. Neben dem Ausbau von Kasernen und neu auf die Krim verlegte Einheiten, entstand das 501. Marineinfanterie-Bataillon und eine neue Gebirgsjägereinheit, berichtete RIA Novosti.
Nach Angaben der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 14. November sollen zu den bereits jetzt auf der Halbinsel stationierten 25.000 Soldaten bis zu 15.000 weitere hinzukommen. Luftlandetruppen und Spezialkräfte sollen ebenfalls verstärkt werden, so der Bericht weiter. Genauere Informationen über Art und Umfang dieser Einheiten existieren zurzeit noch nicht.
Ungewöhnliche Häufung der russischen Militäraktivitäten
Die NATO hat seit der Krim-Krise in ihren östlichen Mitgliedsstaaten eine Vielzahl an bi- und multinationalen Übungen auf Kompanie- bzw. Bataillonsgröße durchgeführt, um den östlichen NATO-Staaten die militärische Solidarität in einem potenziellen Bündnisfall zu versichern. Die Regierung Russlands betrachtet die Militär- und Manöverpolitik der NATO, insbesondere die Stabsübung „Trident Juncture“ in Estland, als „anti-russisch“, so die Nachrichtenagentur RIA.
Angesichts des Ukraine-Konfliktes und der daraus resultierenden Sanktionen gegen Russland demonstrieren die russischen Streitkräfte wieder militärische Stärke. Seit über acht Monaten kommt es zu einer Häufung militärischer Aktivitäten russischer Boden-, Luft- und Seestreitkräfte an den Staatsgrenzen europäischer Staaten, im internationalen Luftraum in der Nähe von NATO-Staaten sowie in den internationalen Gewässern vor westlichen Staaten. Dabei handelt es sich um folgende, altbekannte Aktivitäten, bei denen sich Luftfahrzeuge und Schiffe der NATO-Staaten und Russlands teilweise bedrohlich nahe kommen:
- Russische Kampfflugzeuge verschiedener Typen flogen in Europa (Nordsee, Ostsee, Atlantik) im internationalen Luftraum nahe an die Hoheitsgebiete von NATO-Staaten heran, überflogen Kriegsschiffe im Schwarzen Meer und simulierten Angriffe auf NATO-Territorium. Dabei handelte es sich nach offiziellen Angaben Dänemarks um einen simulierten Angriff auf Bornholm im Sommer. Dänische Sicherheitsdienste sahen darin die offensivste Aktivität Russlands seit 1991. Die Luftwaffen der NATO-Staaten, darunter auch die bundesdeutsche Luftwaffe, sichern den Luftraum der Allianz im Rahmen des „Verstärkten Air Policing Baltikums“, da die baltischen Staaten über keine Luftwaffen verfügen und fangen die russischen Maschinen ab.
- Russische Patrouillenflüge der Bomber als Teil der Kampfausbildung sollen zukünftig im östlichen Pazifik, dem westlichen Atlantik, im Golf von Mexiko und in der Karibik stattfinden.
- Kriegsschiffe der russischen Marine operierten in den internationalen Gewässern vor dem Tagungsort des G20-Treffens im australischen Brisbane.
- In schwedischen Hoheitsgewässern suchte die schwedische Marine Ende Oktober nach einem U-Boot. Man vermutete, dass es sich dabei um ein russisches U-Boot handelte.
Diese Karte zeigt die Ereignisse; eine Liste der bekannten militärischen Aktivitäten und eine Analyse der Geschehnisse findet sich hier und hier. Diese Fotostrecke zeigt die verschiedenen Flugzeugtypen Russlands und ihre NATO-Bezeichnung.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach Ende Oktober davon, dass bisher rund 100 russische Flugzeuge entlang der NATO-Grenzen abgefangen worden seien. Dreimal mehr als im gesamten letzten Jahr, so Stoltenberg weiter.
Das Abfangen und Begleiten der russischen Flugzeuge dient zwei Zielen. Einerseits demonstriert die NATO dadurch gegenüber Russland ihre Verteidigungsfähigkeiten und gegenüber den Mitgliedsstaaten ihren Bündniswillen. Anderseits sollen die russischen Militärflugzeuge ohne eingeschalteten Transponder geflogen sein, waren also für die zivile Luftraumüberwachung nicht zu identifizieren. Die NATO-Flugzeuge geben durch ihr eigenes Transpondersignal der zivilen Luftraumüberwachung die russischen Maschinen indirekt zu erkennen.
Wie im Kalten Krieg
Für die Verletzung schwedischer Hoheitsgewässer durch ein Unterseeboot der russischen Marine gibt es zwar keine Beweise, allerdings hat die russische Marine früher mehrfach U-Boote in die Schären geschickt.
Sowohl die U-Boot-Missionen als auch die Langstreckenflüge Russlands dienten im Kalten Krieg der Ausbildung der Soldaten, der Fähigkeitspräsentation gegenüber dem potenziellen Kriegsgegner (den NATO-Staaten bzw. dem neutralen Schweden) sowie dem Test der Abwehrfähigkeiten.
Die damaligen Langstreckenflüge der strategischen Bomber zeigten darüber hinaus, dass Russland (damals Sowjetunion) sein strategisches Arsenal (Nuklearwaffen) einsetzen kann. Diese Art des „Katz-und-Maus-Spiels“ war Teil der Machtprojektion (Power Projection) der beiden Militärbündnisse.
Gerade im Ost-West-Konflikt waren die sowjetischen Luftstreitkräfte mit ihren weitreichenden Bombern des Typs Tu-95 „Bear“ mögliche Erstschlagswaffen. Aufklärungs- und Trainingsflüge in die Karibik oder in andere Einflusszonen des Westens waren damals alltäglich.
Während des globalen Ost-West-Konfliktes und der direkten Blockkonfrontation in Mitteleuropa bzw. Deutschland verfügten die Streitkräfte der Sowjetunion über Zugänge zu Luftwaffenbasen und Häfen weltweit. So gab es Abkommen mit Kuba, Angola, Äthiopien, (dem damals kommunistischen) Süd-Jemen, Libyen, Syrien und Vietnam. Die strategische Untersee-Flotte mit ballistischen Nuklearraketen operierte ständig vor der Ost- und Westküste der Vereinigten Staaten.
Verdoppelung der Luftlandetruppen geplant
Russlands Streitkräfte planen laut Nachrichtenagentur ITAR-TASS eine Verdoppelung der Luftlandetruppen. Bis zum Jahr 2019 sollen laut Informationen eines anonymen hochrangigen Offiziellen bis zu 72.000 Soldaten und Soldatinnen bei den Luftlandetruppen dienen. Dies soll sowohl durch neue Einheiten als auch durch Umgliederungen geschehen. Die Aufklärungskompanien der drei Luftlandedivisionen werden jeweils auf Bataillonsgröße aufgestockt.
Russische Fallschirmjäger und Luftlandetruppen waren im November zu einem Manöver in Serbien, wie die nachfolgenden Videos zeigen.
Mit dem lange geplanten Manöver möchte die russische Regierung auch auf dem Balkan – im Land des EU-Beitrittskandidaten Serbiens – Flagge zeigen. Bei dem Manöver „SREM-2014“ handelte es sich offiziellen Angaben zufolge um eine taktische Anti-Terror-Übung.
K-ISOM-Meldung über russische Spezialeinheiten, Marineinfanterie und Luftlandetruppen sind hier, hier, hier, hier und hier zu finden. [ej]