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NATO und der nahe Osten: Der Ukraine-Krieg und die Krisenreaktionsübungen des Militärbündnisses

Die im vergangenen Jahr auf dem Gipfeltreffen der NATO-Staaten in Wales beschlossene Aufstellung einer schnellen Eingreiftruppe verfolgt das Ziel, die Reaktionsfähigkeit der Bündnistruppen bei Bedrohungslagen an der Peripherie des NATO-Gebietes zu verbessern.

NRF und Speerspitze
Im Rahmen der bereits bestehenden NATO-Response Force soll eine noch schneller verlegbare und einsatzbereite Eingreiftruppe gebildet werden, die sich in höchster Bereitschaft befinden soll. Sie wird unter dem Kommando des NATO-Befehlshabers in Europa stehen (SACEUR).

Fallschirmjäger vom 1st Battalion, 503rd Infantry Regiment, 173rd Airborne Brigade zusammen mit litauischen Kräften der mechanisierten Brigade „Iron Wolf“ beim Besteigen des Transportflugzeuges am 17. Mai 2014 auf dem Luftwaffenstützpunkt Siauliai in Litauen. Übungsziel war die Eroberung eines Flughafens als Teil der Übung Black Arrow. Sie sollte die Fähigkeit der Zusammenarbeit der Landstreitkräfte verbessern. Bild: Verteidigungsministerium Litauen/ Aurimas Gedrimas. Bildlizenz.

Fallschirmjäger vom 1st Battalion, 503rd Infantry Regiment, 173rd Airborne Brigade zusammen mit litauischen Kräften der mechanisierten Brigade „Iron Wolf“ beim Besteigen des Transportflugzeuges am 17. Mai 2014 auf dem Luftwaffenstützpunkt Siauliai in Litauen. Übungsziel war die Eroberung eines Flughafens als Teil der Übung Black Arrow. Sie sollte die Fähigkeit der Zusammenarbeit der Landstreitkräfte verbessern. Bild: Verteidigungsministerium Litauen/ Aurimas Gedrimas. Bildlizenz.

Die aus einen Kontingent an Land-, Luft-, See- und Spezialkräften bestehende „Very High Readiness Joint Task Force“ (VJTF) wird im ersten Halbjahr 2015 bei verschiedenen Übungen getestet. Die VJTF wird auch als „Speerspitze“ des Bündnisses bezeichnet.
Nach Angaben von General Domröse wird die Truppenstärke vermutlich zwischen 5.000 und 8.000 Soldaten und Soldatinnen liegen. Nach derzeitigen Planungen wird eine solche multinationale Brigade aus ca. fünf Bataillonen bestehen. Erste Einheiten sollen innerhalb von zwei bis drei Tagen verlegt werden können. Im Falle von größeren Krisen wird die gesamte NRF bis zu 30.000 Soldaten umfassen. Wie genau sich allerdings die VJTF von vorangegangenen Zielen und Planungen der NRF unterscheidet, bei der die NRF ebenfalls als „Speerspitze“ bezeichnet wurde, ist noch nicht ganz klar (s. K-ISOM-Meldungen dazu hier und hier). Einen Bericht über den deutschen Beitrag für die NRF im Jahr 2015 und die Vorbereitung des Panzergrenadierbataillons 371 zeigt das nachfolgende Video:

Mit der Aufstellung einer schnell verlegbaren Einheit trägt das Bündnis den sicherheits- und militärpolitischen Entwicklungen in der Ukraine sowie den damit einhergehenden Bedrohungseinschätzungen der osteuropäischen NATO-Staaten Rechnung. Bundesverteidigungsministerin von der Leyen hob in einer Regierungserklärung im letzten Jahr die Bedeutung der „Reaktionsgeschwindigkeit“ angesichts der hybriden Kriegsführung durch Russland hervor. K-ISOM berichtete über die Entwicklungen in der Ukraine und die Rolle Russlands hier, hier, hier und hier.

Fallschirmjäger der 173. Luftlande-Brigade des US-Heers, kanadische leichte Infanterie und polnische Kräfte der 6. Luftlande-Brigade bei Vorbereitungen für eine Zugangsöffnung (Breaching) am 29. Mai 2014 in Polen. Bild: U.S. Army/Sgt. Brian Godette, 382nd Public Affairs Detachment. Bildlizenz

Fallschirmjäger der 173. Luftlande-Brigade des US-Heers, kanadische leichte Infanterie und polnische Kräfte der 6. Luftlande-Brigade bei Vorbereitungen für eine Zugangsöffnung (Breaching) am 29. Mai 2014 in Polen. Bild: U.S. Army/Sgt. Brian Godette, 382nd Public Affairs Detachment. Bildlizenz

Für die zukünftigen sicherheitspolitischen Herausforderungen der NATO-Allianz, ihre veränderte militärpolitische Lage- und Bedrohungsanalyse in Osteuropa und die Umsetzung der Maßnahmen werden Spezialeinsatzkräfte und hoch spezialisierte, konventionellere Einheiten wie Fallschirmjäger eine hervorgehobene Rolle spielen. Vor rund einem Jahr erkannte man innerhalb der NATO, dass das Bündnisgebiet in einem Konflikt mit niedriger Intensität nicht mit klassisch-konventionellen Truppen zu beschützen sein wird.
Die nachfolgenden Videos der NATO geben Äußerungen über die Bedeutung der Spezialeinsatzkräfte der NATO beim Gipfel in Wales im vergangenen Jahr wider.

K-ISOM berichtete mehrfach über die Nato Response Force hier, hier und hier, und über die Umgruppierungen der Spezialeinsatzkräfte der USA in Europa hier.

Militärische Lage in der Ostukraine
Die militärische Lage in der Ostukraine entspannt sich trotz vereinzelter Zwischenfälle und kleinerer Gefechte zunehmend, nachdem beide Seiten einen Waffenstillstand und den sukzessiven Rückzug von schweren Waffen vereinbart haben. Auf dieser Karte sieht man die Entwicklungen im Februar 2015 sowie die ungefähre Frontlage. Diese Karten zeigen einige Entwicklungen der letzten Monate.

Spezialeinsatzkräfte zu Beginn der Übung Jackal Stone 2010 in Polen. Das Bild zeigt Kräfte aus Kroatien (erste und dritte Persone v. l.), aus Polen (erster und zweiter v.r.) und den USA. Bild: U.S. Army/Master Sgt. Donald Sparks. Bildlizenz

Spezialeinsatzkräfte zu Beginn der Übung Jackal Stone 2010 in Polen. Das Bild zeigt Kräfte aus Kroatien (erste und dritte Persone v. l.), aus Polen (erster und zweiter v.r.) und den USA. Bild: U.S. Army/Master Sgt. Donald Sparks. Bildlizenz

Schätzungen zufolge kämpfen rund 34.000 Soldaten der Ukraine gegen schätzungsweise 36.000 pro-russische Separatisten und Militärberater/Kräfte aus Russland (mehr dazu hier und hier). Obwohl die russische Regierung eine aktive Unterstützung der Separatisten in der Ukraine verneint und die westlichen Staaten keine eindeutigen Belege für die Präsenz von russischen Soldaten auf ukrainischem Staatsgebiet vorlegen wollen, deuten die Indizien auf eine Unterstützung durch die Regierung und die Streitkräfte Russlands hin. Als unzweifelhafte Belege lassen sich die einzelnen Indizien zwar nicht ansehen. Aber es ist angesichts der Vorgeschichte (völkerrechtlich illegale Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim mit Hilfe von russischen Truppen) und der russischen Regierungspolitik im Hinblick auf den Status der Ukraine sehr plausibel, dass die russische Regierung bzw. die Streitkräfte aktiv die Separatisten mit Soldaten und Material unterstützt. Die nachfolgenden Hinweise und Beobachtungen ergänzen die bisherige Erkenntnislage:

  • Blogger veröffentlichten eine Einschätzung, nach der sie aufgrund der Auswertung öffentlich zugänglicher Aufnahmen und Videos aus dem Ukraine-Krieg zu dem Schluss kommen, dass ukrainisches Militär zwischen Juli und August 2014 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von russischem Staatsgebiet aus mit schwerer Artillerie beschossen wurde. Die Analyse in deutscher Sprache findet sich hier.
  • Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung (einer den „Grünen“ nahestehenden Stiftung), berichtete nach einer Reise in das Konfliktgebiet davon, dass seiner Einschätzung nach nur noch 10-15 Prozent der Kämpfer für die Unabhängigkeit aus Einheimischen bestünden. Weitere Einschätzungen sind dem ganzen Bericht zu entnehmen.
  • Einem ausführlichen Bericht von „Armament Research Services“ (ARES) vom November 2014 über die im Ukraine-Krieg verwendeten Waffen zufolge, wurden die Separatisten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von außen unterstützt. Den Waffenexperten nach gibt es Hinweise auf russische Waffensysteme in Händen der pro-russischen Separatisten, die Russland zuvor noch nicht exportiert hatte. Sie können den Separatisten also nicht im Kampf gegen ukrainische Einheiten in die Hände gefallen sein. Bei einem Beispiel handelt es sich um eine Variante des Kampfpanzers T-72, genauer das Modell T-72B3, das laut Bericht (S. 67) noch nicht offiziell exportiert worden sein soll.
  • Die Mütter russischer Soldaten haben in den letzten Monaten verstärkt Auskünfte über die Präsenz russischer Truppen in der Ukraine eingefordert, weswegen sie nun von russischen Behörden als „ausländische Agenten“ eingestuft werden (mehr dazu hier). Dies ist umso bemerkenswerter, als dass in den vergangenen Monaten immer mehr Beerdigungen von russischen Soldaten stattfanden, die sich kaum mehr verheimlichen lassen (diese Karte soll die Herkunft der Toten zeigen; mehr dazu hier und hier).
Ein US-Soldat des 1. Bataillons der 10. Special Forces Group (Airborne) grüßt am 24. Februar 2015 seine Kameraden beim Absprung au seiner C-130 über der Absprungzone in Deutschland. Bild: U.S. Army/Visual Information Specialist Jason Johnston/Released. Bildlizenz

Ein US-Soldat des 1. Bataillons der 10. Special Forces Group (Airborne) grüßt am 24. Februar 2015 seine Kameraden beim Absprung aus einer C-130 über der Absprungzone in Deutschland. Bild: U.S. Army/Visual Information Specialist Jason Johnston/Released. Bildlizenz

Spezialkräfte für NRF 2015: „Noble Sword“ 2014 in Polen und Litauen
Bereits im vergangenen Jahr führten die NATO-Streitkräfte eine Übungsreihe unter der Bezeichnung „Noble“ durch (Noble Ledger, Noble Justification, Noble Arrow, Noble Mariner). In Polen und in Litauen fand im Herbst die dreiwöchige Übung „Noble Sword“ für die Spezialkräfte statt. Die Übung, an der 1.700 Soldaten aus 15 Staaten teilnahmen, diente der Zertifizierung für die NATO Response Force. Damit sollte die Einsatzbereitschaft der Spezialeinsatzkräfte-Komponente der NRF für das Jahr 2015 unter Beweis gestellt werden.
Das nachstehende Video gibt Einblicke in die multinationale Übung, das danach folgende (in polnischer Sprache) zeigt einige Eindrücke und Gespräche mit polnischen Spezialeinsatzkräften.

Mehr Hintergründe und Fotostrecken zu „Noble Sword 14“ finden sich hier und hier. Über andere Übungseinsätze unter Beteiligung von Spezialkräften im letzten Jahr berichtete K-ISOM hier und hier.

Spezialeinsatzkräfte aus den USA und Polen beim Training für den Orts- und Häuserkampf auf dem Truppenübungsplatz Baumholder in Deutschland im Rahmen der Übung Jackal Stone 2014 am 10. September 2014. Diese Übung diente der Stärkung der Zusammenarbeit der verschiedenen Spezialeinsatzkräfte. Bild: U.S. Army/Spc. Benjaman Pollhein. Bildlizenz

Spezialeinsatzkräfte aus den USA und Polen beim Training für den Orts- und Häuserkampf auf dem Truppenübungsplatz Baumholder in Deutschland im Rahmen der Übung Jackal Stone 2014 am 10. September 2014. Diese Übung diente der Stärkung der Zusammenarbeit der verschiedenen Spezialeinsatzkräfte. Bild: U.S. Army/Spc. Benjaman Pollhein. Bildlizenz

Rückblick: Übungsaktivitäten der osteuropäischen NATO-Streitkräfte

Die vermehrten Übungsaktivitäten der NATO-Staaten in Osteuropa sollten den Alliierten in Osteuropa den Bündniswillen im Verteidigungsfall zeigen. Kern der Manöver bildete die schnelle Verlegung von kampf- und durchhaltefähigen Einheiten samt Großgerät, um damit auch die strategischen, operativen und taktischen Fähigkeiten im Ernstfall zu beherrschen.
Bei der ungarisch-amerikanischen Übung “Warlord Rock” (s. nachfolgendes Video) trainierten im Januar rund 400 Fallschirmjäger der 173rd Airborne Brigade und der ungarischen 5. Bocskai István Infanterie-Brigade eine Luftlandeanfangsoperation auf dem ungarischen Luftwaffenstützpunkt Pápa.

US-Fallschirmjäger vom 1st Brigade Combat Team, 82nd Airborne Division bei der Übung “Noble Ledger” in Norwegen als Teil der Zertifizierung für die NATO Response Force im November 2014 sieht man im folgenden Video. Das Ziel bestand in der Eroberung und Sicherung eines Flugfeldes, um weitere Kräfte einfliegen zu lassen.

Das multilaterale Manöver „Steadfast Javelin II“ im September letzten Jahres umfasste 2.000 Soldaten aus 10 Staaten und diente der Verbesserung der Interoperabilität zwischen Luft- und Bodeneinheiten bei Luftlandungen bzw. luftgelandeten Anfangsoperationen. Teile des Manövers fanden in Estland, Lettland, Litauen, Polen und Deutschland statt. Einschätzungen der Kommandeure und Übungseindrücke zeigt das folgende Video.

Einen Bericht – Video und Fotos – aus russischer Sicht anlässlich von „Steadfast Javelin II“ findet sich hier.

Spezialeinsatzkräfte aus den USA und Polen beim Training für den Orts- und Häuserkampf auf dem Truppenübungsplatz Baumholder in Deutschland im Rahmen der Übung Jackal Stone 2014 am 10. September 2014. Bild: U.S. Army/Spc. Benjaman Pollhein. Bildlizenz

Spezialeinsatzkräfte aus den USA und Polen beim Training für den Orts- und Häuserkampf auf dem Truppenübungsplatz Baumholder in Deutschland im Rahmen der Übung Jackal Stone 2014 am 10. September 2014. Bild: U.S. Army/Spc. Benjaman Pollhein. Bildlizenz

Das folgende Video zeigt Angehörige des 1. Bataillons der 10th Special Forces (Airborne) auf dem Schießstand in Deutschland.

Weiterführende und ergänzende Links:
1. Video der Übung „Anakonda 14“ im letzten Jahr in Polen
2. Lesenswertes Interview aus dem letzten Jahr mit dem finnischen Ministerpräsidenten
3. Eine Bilderstrecke mit den bekanntesten Kampfpanzern und gepanzerten Fahrzeugen Russlands findet sich hier.
4. Video-Interview mit Generalleutnant David Hoog, einem Abgesandten der US-Streitkräfte bei der NATO, über die Bedeutung des Bündnisses
5. Eine Zurückweisung russischer Behauptungen durch die NATO und das Auswärtige Amt finden sich hier und hier
6. Die Entwicklung des NATO-Bündnisses zeigt sich an diesen Karten; Ansichten über die Zukunft der NATO finden sich hier

Ein US-Soldat des 1. Bataillons der 10. Special Forces Group (Airborne) zielt mit seinem M4A1 auf der Schießanlage in Böblingen am 23. Januar 2015. U.S. Army photo/Visual Information Specialist Adam Sanders/Released. Bildlizenz

Ein US-Soldat des 1. Bataillons der 10. Special Forces Group (Airborne) zielt mit seinem M4A1 auf der Schießanlage in Böblingen am 23. Januar 2015. U.S. Army photo/Visual Information Specialist Adam Sanders/Released. Bildlizenz

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